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Unser erster Stopp im Iran ist Tabriz, wo wir beim Mozafer Passenger Park übernachten, der kostenlos ist.

Es gibt WC-Anlagen, sowie Duschen (die während unseres Aufenthalts kalt bleiben) und Unterstände, in die die Iranischen Camper ihre Wurfzelte stellen und wir unseren Tisch samt Sesseln.

Im Café auf der gegenüberliegenden Straßenseite gibt es WIFI und wir kehren auf ein „alkoholfreies Bier“ ein. Dieses wird mit Eiswürfel und Strohhalm serviert und schmeckt ein bisschen nach Almdudler. Als wir bezahlen wollen, kann uns der Kellner nicht wechseln und gibt uns mit einer Geste zu verstehen, dass wir eingeladen sind. Wir nehmen uns vor, ihm das Geld an einem der nächsten Tage vorbeizubringen.

Nächsten Tag machen wir uns auf zu einer Stadtbesichtigung. Da Freitag ist, hat der Basar geschlossen und wir begnügen uns mit den anderen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Von unserem Park aus nehmen wir die nahe gelegene U-Bahn ins Zentrum. Sie sieht ganz neu aus, an der Oberfläche ist alles noch Baustelle und auch am Weg zum Bahnsteig ist noch vieles so neu, dass die Schutzfolien noch drauf sind. Beim Fahrkartenschalter taucht ein bekanntes Problem auf: Unser 500.000er-Schein kann nicht gewechselt werden. Daher dürfen wir gratis fahren. In der U-Bahn macht ein Mann Platz, damit Wolfgang neben ihm und Judith neben Kindern sitzen kann. Ein Mann, der uns gegenüber sitzt, beginnt mit uns zu reden. Er gibt uns ein paar Tipps, wo wir hinfahren können und dass wir unbedingt das Tabrizer Essen probieren sollen.

Die U-Bahn fährt bei fast allen Stationen durch, vermutlich sind sie noch nicht fertig. Endstation ist derzeit das Stadtzentrum. Als wir gegen 14 Uhr dort sind, ist das Freitagsgebet gerade im Gange. Die Straßenzüge rund um die Imam Khomeini Moschee wurden deshalb von der Polizei gesperrt. Erst als das Freitagsgebet zu Ende ist, dürfen wir auf das Gelände der Moschee, wo auch der Arg steht, eine frühere riesige Zitadelle, von der nach einem Erdbeben leider nur noch eine Mauer steht.

Arg

Danach gehen wir zur blauen Moschee, die inzwischen nur noch ein Museum ist. Auch diese Moschee wurde durch ein Erdbeben großteils zerstört, aber nach der Restaurierung kann man immer noch den Glanz und Prunk erkennen. Die Moschee war früher innen ganz mit indigoblauen Kacheln geschmückt. Unglaublich!

Überdachter Weg zum Eingang der blauen Moschee Portal der blauen Moschee - dunkel die Originalteile der Fassade Die blaue Moschee von innen

Leider regnet es seit wir in der Stadt angekommen sind in Strömen, und es ist keine Aussicht, dass es besser wird. Also gehen wir in ein kleines Lokal und bestellen uns Kebab und gegrillte Hühnerkeulen, beides wird auf Fladenbrot serviert. Dazu Ayran, der würziger schmeckt als in der Türkei und hier Doogh heißt, sowie Joghurt. Es schmeckt uns sehr gut. Schon beim Bestellen – der Kellner kann kaum ein Wort Englisch – kommt eine Mutter mit der Tochter näher und begrüßt uns und wir tauschen ein paar Floskeln aus. Wir hören heute noch öfter „Welcome to Tabriz“ oder „Welcome to Iran“ oder auch „Welcome to Aserbaijan“, denn wir befinden uns in der Provinz West-Aserbaijan.

Als wir mit der U-Bahn wieder zurück fahren wollen, ist sie bereits geschlossen. Wir dachten, wir hätten uns verhört, als der Mann bei der Hinfahrt gesagt hat, dass sie um 15 Uhr schließt. Der Regen wird schon weniger, daher gehen wir zu Fuß die etwa 3 km zum Park zurück. Dabei beobachten wir, wie sich die Leute im Iran kleiden. Die Bekleidungsvorschriften werden zwar fast lückenlos eingehalten, aber sehr modern interpretiert. Wir finden, die Frauen sehen teilweise sehr elegant und attraktiv aus. Der Schal wird oft sehr weit am Hinterkopf angelegt, manche Mäntel bestehen aus halbtransparenten Stoffen und enge Hosen mit modernen Schuhen werden von vielen getragen.

Zurück beim Park, setzen wir uns ins nahe Café und trinken Chai, schreiben Tagebuch, blättern im Reiseführer und bezahlen auch die Zeche von gestern.

Nächsten Morgen wacht Wolfgang vom Gesang des Muezzins auf. Hier singt er wieder melodischer als in der Osttürkei.

Heute geht’s wieder mit der U-Bahn in die Innenstadt zum großen Basar. Diesmal können wir das U-Bahn-Ticket bezahlen (10.000 IRR für zwei Tickets).

Der Basar ist riesengroß, fast einen Quadratkilometer. Wir gehen ein Stück durch Gassen mit Bekleidung und allerlei anderem und suchen den Teppich-Basar. Ein junger Mann spricht uns an und zeigt uns den Weg. Er studiert Medizin und will nächstes Jahr ein Auslandssemester in Salzburg machen. Es ist „super-schwierig“, das Auslandssemester auf die Reihe zu bekommen und er arbeitet schon seit vier Jahren daran. Ihm fehlt jetzt noch das Visum, dann kann es nächstes Jahr im Sommersemester losgehen.

Der Teppich-Basar hat leider am Nachmittag schon geschlossen. Wir betrachten gerade ein paar Teppich-Geschäfte in einer Nebengasse, als uns ein Mann anspricht und beginnt, uns die Teppiche zu erklären. Saeed Ahbab, so heißt er, führt uns dann zu seinem Teppichgeschäft, das im Teppich-Basar liegt, und sperrt es nochmals für uns auf. Er zeigt uns die verschiedenen Teppiche, erklärt Materialien und Motive. Dann serviert er einen Tee und wir beginnen über Politik (insbesondere über Trump) zu reden. Er wünscht sich, dass wir ein positives Bild vom Iran nach Hause bringen und als Botschafter des Iran als Reiseland auftreten. Wir bestätigen ihm, dass der Unterschied zwischen den Fernsehbildern (alles unsicher und gefährlich) und dem täglichen Leben (sehr sicher, freundlich) sehr groß ist. Zwischendurch bekommt er einen Anruf von seiner Frau – wir vermuten, dass er zum Essen zu spät kommt.

Im Laden von Saeed Ahbab

Als wir sein Lokal verlassen, begleitet er uns noch zur Zentralmoschee (Jaame Mosque), die alte Freitagsmoschee von Tabriz, die sich direkt im Basar befindet. Die großen Gebetsräume werden von vielen kleinen Kuppeln überspannt un der Boden ist mit zahlreichen Teppichen aus Tabriz mit religiösen Mustern ausgelegt.

Moschee im Basar Zweiter Gebetsraum

Nach dem Moscheebesuch verabschieden wir uns von Saeed, denn wir haben schon ein schlechtes Gewissen, dass wir ihn so lange aufgehalten haben. Dann suchen wir noch den Teil des Basars, in dem mit Gewürzen und Gemüse gehandelt wird. Wir finden uns nicht gleich zurecht, aber es macht uns Spaß, durch die vielen kleinen Gassen zu gehen, die Waren zu begutachten und die Leute zu beobachten. Da der Basar nach wie vor der Versorgung der Bevölkerung dient, bleiben wir beinahe unbeachtet. Nur manchmal ruft einer „Welcome“, oder „Hello, how are you?“ und manchmal bekommt Judith von iranischen Mädchen ein verstohlenes Lächeln.

Tee und Zucker gehören im Iran zusammen, hier mit Safran gefärbte Zuckerstangen So viele Sorten Reis ... Zum traditionellen Frühstück gibts Rinderhaxen oder Schafsköpfe

Nachdem wir an Bergen von Gewürzen, Reis, Obst und Gemüse, sowie manch Kuriosität vorbeigegangen sind, sind wir hungrig. Das Restaurant Modern Tabriz ist nicht weit entfernt. Von der Straße führt eine Treppe in den Keller, wo sich das Restaurant befindet. Es ist nur ein Tisch besetzt, ansonsten ist das geräumige Restaurant leer. Das Restaurant scheint auf Touristen eingerichtet zu sein, denn der Kellner spricht Englisch und die Speisekarte ist zweisprachig. Wir bestellen Kufte Tabrizi und Melanzani-Gemüse mit Rindfleisch. Zu jedem Gericht gibt es eine Suppe und Salat vom Buffet. Der Geschmack des Kufte erinnert uns an Reh-Leberknödel, die wir vor einiger Zeit zu Hause selbst gemacht haben - sehr gut. Auch das andere Gericht schmeckt gut. Nur die Butter, die auf dem sehr körnigen Reis liegt, schmeckt eigenartig.

Kufte Tabrizi

Inzwischen ist es nach 18 Uhr und die U-Bahn hat schon wieder geschlossen. Wir versuchen daher, mit dem Bus heim zu kommen. Zum Glück hat Judith das Schild von der U-Bahn-Haltestelle neben dem Park fotografiert. Das zeigen wir dem Fahrkartenkontrollor am Busbahnsteig. Der winkt noch rasch dem bereits losfahrenden Bus und bugsiert uns hinein – Wolfgang vorne, Judith hinten. Im Bus herrscht nämlich strikte Geschlechtertrennung… Fahrkarten haben wir keine, aber das scheint egal zu sein. Im Bus unterhält sich Wolfgang mit einem Mann auf Englisch und ein anderer, ein Feuerwehrmann, spricht ihn auf Deutsch an. Er fährt soeben in einen Deutschkurs, weil seine Schwester in Deutschland lebt, wo auch er hin will.

Zum Glück steigen eine Station vor unserer viele Leute aus, sodass wir wieder Blickkontakt bekommen. Sonst hätten wir uns womöglich im Getümmel verloren.

Eigentlich wollten wir am nächsten Tag weiterfahren, wir verbummeln aber die Zeit und beschließen daher, noch einen Tag zu bleiben und es uns gemütlich zu machen. Am Nachmittag wollen wir Lebensmittel einkaufen. Auf der Hauptstraße, die von unserem Park aus in Richtung Stadtzentrum führt, finden wir fast alles, was wir suchen. Neben dem üblichen Obst und Gemüse entdecken wir heute zum ersten Mal Wurst, außerdem verschiedene Brotsorten und Salzgurken. Das gibt heute eine richtige Jause. Die Rindfleischwurst schmeckt ähnlich wie eine Knacker, die Geflügelwurst ist nicht so gut (etwas eigenartig – orientalisch – gewürzt). Die Salzgurken sind auch interessant gewürzt und schmecken gut. Dazu gibt es ein … Fanta.

Am Abend fährt ein VW-Bus mit deutschem Kennzeichen auf den Platz. Drinnen sitzt Caro vom Bodensee, die wie wir am Anfang ihrer Iran-Reise steht und danach nach Russland fährt, weil es dort während der Fußball-WM günstige Visum-Bedingungen gibt. Sie ist seit der Türkei alleine unterwegs. Wir unterhalten uns ein bisschen über das Reisen und unsere Fahrzeuge.

Als es schon dunkel ist, zieht ein Gewitter auf und von einem Augenblick auf den anderen setzt heftiger Regen ein und wir verkrümeln uns in unsere Fahrzeuge.