Der Baikalsee gilt als die Perle Sibiriens, und die Insel Olchon als die Perle des Baikalsees. Dort werden wir ein paar Tage verbringen.
Die Straße von Irkutsk zum Baikalsee wird immer schmäler und welliger. Es schüttelt uns wieder ordentlich durch. Rastplätze mit vielen kleinen Cafés und Verkaufsständen lassen erahnen, dass hier im Sommer viel los ist. Von einem Hügel, auf dem eine 4 m hohe Statue eines barfüßigen Wanderers steht, sehen wir schon auf den Fährhafen, der das Festland mit der Insel Olchon verbindet. In der Hochsaison muss man mit Wartezeiten bis zu 12 Stunden rechnen (außer man besticht das Personal und darf sich vordrängen). Ende August ist es hingegen ruhig und wir können mit der ersten Fähre mitfahren, die anlegt.
Auf Olchon führt eine Schotterpiste mit katastrophalem Wellblech nach Khuzhir, dem einzigen nennenswerten Ort auf der Insel. Nördlich davon beginnt der Pribaikalsky Nationalpark.
In Khuzhir befindet sich der Schamanenfelsen, das berühmteste Fotomotiv des Baikalsees. Davor stehen einige Stelen, auf die bunte Tücher gebunden sind. Als es zu regnen beginnt, setzen wir uns in das Baikal View Café. Wir sitzen bei Kaffee und Kuchen, als ein Pärchen hereinkommt, direkt auf uns zugeht und uns in bestem Tiroler Dialekt begrüßt. Birgit und Jürgen haben draußen unser Auto entdeckt und Fotos von uns auf unserer Website gesehen. Sie machen schon zum zweiten Mal ein Sabattical. Lehrer müsste man sein! Sie fahren mit der transsibirischen Eisenbahn bis nach Ulan Ude und von dort mit einem Guide und Koch in die Mongolei. Vielleicht treffen wir uns dort ja wieder.
In einem Supermarkt füllen wir unsere Vorräte auf. Unter anderem kaufen wir eine Flasche Baikal Vodka. Dieser ist bio, schmeckt hervorragend und kostet als einer der teuersten Vodkas im Geschäft umgerechnet etwa 10 Euro/l. Manche Vodka-Sorten kosten weniger als Bier.
Auf dem Parkplatz können wir die Auswirkungen sehen. Wir unterhalten uns gerade mit einer deutschen Reisegruppe, die auf Olchon einen Wanderurlaub macht, als es hinter uns einen Rumpser macht. Ein Mann ist über eine kleine Stufe vom Gehsteig auf den Parkplatz gefallen. Wir schauen alle erschrocken hin und überlegen, welche ernsten medizinischen Probleme er haben könnte. Nach ein paar Sekunden bewegt er sich wieder und versucht vergeblich, wieder aufzustehen. Als er nach seinem Freund, der auf der Terrasse sitzt, ruft und nur Gelalle herausbringt, sind wir sicher. Er ist ganz einfach so stockbesoffen, dass er nicht mehr aufstehen kann. Nach drei vergeblichen Versuchen rollt er sich zur Seite und schläft auf der Straße ein. Sein Freund schafft es nicht einmal, sich vom Stuhl zu erheben. Auf dem Tisch vor ihm steht eine leere Vodkaflasche und es ist noch nicht einmal Mittag. Die Szene ist für uns schockierend, aber noch schockierender ist, dass die Einheimischen sie überhaupt nicht beachten. So sieht es also aus, wenn man in Russland von einem Alkoholproblem spricht.
Das Permit für den Pribaikalsky Nationalpark können wir direkt in Khuzhir kaufen. Der Nationalpark beginnt praktisch direkt hinter dem Ort. Ebenso schnell ändern sich die Straßenverhältnisse. Aus der Schotterstraße wird eine einfache Piste, dann ein abenteuerlicher Offroad-Track. Tiefe Löcher und Fahrrinnen. Zum Glück ist es trocken, sonst wäre der Weg unpassierbar. Drei SUV’s mit russischem Kennzeichen, die uns zuvor zügig überholt haben, kommen nur mehr langsam voran. Ein Toyota RAV4 bleibt schließlich zwischen den Löchern hängen, vorne und hinten dreht jeweils ein Rad in der Luft. Nur mit vereinten Kräften bekommen wir ihn wieder flott; die Lenkerin ist sichtlich mit den Nerven am Ende. Unser Elefant ist zum Glück noch nicht an seiner Belastungsgrenze angekommen und bei der nächsten schwierigen Passage fahren wir an ihnen vorbei und schlagen unser Lager ein Stück weiter nördlich auf.
Im Nationalpark gibt es ein paar Plätze, die von allen Touristen angefahren werden. Von Süden kommend erreicht man zuerst die „Drei Brüder“, einer Felsformation an der Westküste. Leider zieht dort der Nebel übers Land, als wir ankommen, und wir fahren bald weiter.
Ganz im Norden der Insel ist das Khoboy Kap (Stoßzahn-Kap). Der Name leitet sich von einem einzelnen Felsen ab, der aus dem Wasser ragt. Von Land aus ist er nicht sehr gut zu sehen, aber der Ausblick dort ist herrlich. Wir haben das Gefühl, am Meer zu sein. Am Picknickplatz herrscht reger Verkehr. Wir zählen mehr als zwanzig Minibusse, die meisten sind voll beladen mit chinesischen Touristen, die hier ihre Mittagspause machen.
Wir fahren weiter an die Ostküste nach Uzury. Das Dorf besteht aus ca. zwanzig Häusern und liegt malerisch in einer Bucht am See mit einem schmalen Schotterstrand. Am Rand der Bucht befindet sich einer der Campingplätze des Nationalparks, der aus einem Plumpsklo und einem rustikalen Holztisch besteht.
Wir nutzen den Nachmittag, um ein paar Schrauben an der Reserveradaufhängung festzuziehen. Außerdem reinigen wir zum ersten Mal unseren Benzinkocher, dem das schlechte Benzin aus dem Iran zugesetzt hat. Nach der Reinigung und mit russischem Benzin befüllt, das eine wesentlich bessere Qualität hat, brennt er wieder wie neu. Den Abend lassen wir bei am Lagerfeuer ausklingen.
Am Morgen gehen wir in den Baikal See baden. Das Wasser ist eiskalt, vielleicht 14 °C. Dafür ist es am Ufer in der Sonne umso wärmer. Dann verlassen wir den Nationalpark, da wir für den Abend eine Bootstour in Khuzhir gebucht haben.
Als wir in Khuzhir ankommen, wollen wir in einem Restaurant Mittagessen. Das ist gar nicht so einfach, denn scheinbar hat mit 1. September die Nebensaison begonnen. Viele Restaurants sind bereits geschlossen. Außerdem ist heute Alkohol verboten. Soweit wir die Aushänge verstehen, ist der Verkauf von Alkohol am 1. September in Geschäften und Lokalen im gesamten Oblast Irkutsk verboten.
Bis zur Abfahrt unseres Schiffs haben wir noch ein bisschen Zeit, die wir bei einem Sibirischen Tee im Café am Hafen verbringen. Der Tee wird aus Beeren und eingelegten Zapfen gebrüht. Er schmeckt harzig, fruchtig, gut.
Um 19 Uhr beginnt unsere Bootstour. Mit uns an Bord sind ein paar russisch-sprachige Touristen und viele Chinesen. Die Chinesen kaufen zwei Striezel Brot und füttern die Möwen, die wie verrückt um uns herumfliegen. Eigentlich dachten wir, dass das Boot zur Insel Zamogoi fahren würde, wo man eventuell Baikal-Robben sehen könnte. Allerdings wird es bereits kurz nach 20 Uhr dunkel und wir schippern nur noch langsam dem Hafen entgegen. Wir trösten uns damit, dass heute ohnehin die Wellen zu hoch gewesen wären, um Robben zu sehen und betrachten es einfach als nette Bootstour am Baikalsee.
Im Dunkeln suchen wir anschließend südlich von Khuzhir auf gut Glück einen Stellplatz. Am nächsten Morgen sehen wir, dass wir eine gute Wahl getroffen haben. Wir haben einen herrlichen Blick auf den See. Die Morgensonne taucht die Landschaft in wunderschönes Licht und die gelben Gräser um uns herum leuchten golden. Wir beschließen kurzerhand, hier einen Rasttag einzulegen und das spätsommerliche Wetter und die Landschaft zu genießen. Wir verbringen den Tag mit lesen, kochen und auf-den-See-schauen.
Außerdem versuchen wir, unsere Dachboxen abzudichten. Bei der Grenzkontrolle haben wir festgestellt, dass eine der Boxen innen nass ist. Also räumen wir die Boxen vom Dach, reinigen sie und dichten sie so gut es geht mit Silikon ab. Mal sehen, ob das funktioniert. Das hat man davon, wenn man entgegen zahlreicher Ratschläge in Internetforen meint, bei den Dachboxen ein paar Euro sparen zu können.
Bevor die Sonne untergeht, schlüpfen wir in unser Duschzelt und nutzen unsere Solardusche. Danach sitzen wir bei einem Gösser und genießen das Leben.