In unserem Homestay bekommen wir ein spezielles Frühstück serviert.
Drei Spiegeleier, Tee und einen Tomaten-Gurken-Zwiebel-Salat mit Brot.
In der OSM-Karte ist in Naryn eine OMV-Tankstelle eingezeichnet. Das können wir kaum glauben und sehen uns das näher an. Es stellt sich heraus, dass es sich um eine heruntergekommene Tankstelle handelt, die mit alten OMV-Zapfsäulen ausgestattet ist. Wir fahren zu einer moderneren Tankstelle, da wir hoffen, dass die Dieselqualität dort eher passt. In Krigistan wird der Sprit gerne einmal mit Wasser oder Ölen gestreckt. Unser Verbrauch ist in den letzten Tagen wieder leicht gestiegen, wohl aufgrund der Höhe und der unwegsamen Straßen, auf denen wir nur langsam vorankommen.
Von Naryn aus schlängeln wir uns nach Nordosten, immer am Naryn Fluss entlang. Die mehrtätige Route führt über den Tosor Pass bis an den Issyk Köl See.
Die ersten 50 Kilometer ist die Straße asphaltiert. Kleine, verschlafene Dörfer ziehen an uns vorbei. Die Vorgärten sind verwildert, die Holzzäune schief, man könnte meinen, die Gegend sei verlassen. Aber im Gegenteil: Überall sieht man Leute auf den Straßen, zu Fuß, auf Pferden, in Autos, sie holen Wasser von den Brunnen an der Straße oder bringen ihre Einkäufe nach Hause. Auch auf den Feldern wird gearbeitet.
Als die Asphaltstraße in eine Schotterpiste übergeht, biegen wir nach Norden ab und folgen ab hier dem Kichi (= kleinen) Naryn Fluss. Die Dörfer werden weniger, stattdessen sehen wir Jurten und die dazugehörigen Vieh- und Pferdeherden. Bis irgendwann auch keine Jurten mehr zu sehen sind. Wir fahren mitten durchs Gebirge, links und rechts nur noch steile Berghänge und spitze Gipfel. In engen Schneisen liegt noch Schnee vom letzten Winter, der langsam schmilzt. Der Fluss ist ganz grau-braun vom Schmelzwasser. Wir fahren stetig bergauf und sind bald auf 2.500 m. Gegen Mittag machen wir Pause, essen eine Kleinigkeit.
Am frühen Nachmittag finden wir in einer langgezogenen Linkskurve eine kleine, ebene Fläche. Hier bleiben wir für die Nacht. Es gibt hier eine alte Feuerstelle und ein paar trockene Äste liegen auch bereit. Wenn das Wetter hält, machen wir heute das erste Mal, seit wir aufgebrochen sind, ein Lagerfeuer. Kurze Zeit später beginnt es heftig zu regnen. Aber Wolfgang hat einige Äste ins Trockene gebracht und als der Himmel wieder aufklart, zünden wir unser erstes Lagerfeuer an. Das brennende Holz duftet herrlich – nach Urlaub. Außerdem wärmt es uns, denn abends wird es hier ganz schön kalt. So können wir noch lange gemütlich sitzen bleiben.
Während wir am nächsten Morgen beim Frühstückskaffee sitzen, fahren fünf Toyota Prado an uns vorbei. Da die Autos alle den gleichen Aufkleber an der Tür haben, vermuten wir, dass es sich um eine guided Tour handelt.
Am Vormittag regnet es immer wieder kurz. Gegen Mittag kommen wir an einem Zeltdorf vorbei, das zu einem „Hotel“ gehört. Uns erinnert es eher an ein Flüchtlingslager. Kurze Zeit später machen wir dann am Wegesrand Mittagsrast. Während wir unsere Jause genießen kommt eine riesige Schafherde an uns vorbei. Dahinter reiten zwei Schäfer auf ihren Pferden. Sie machen bei uns Halt und wir unterhalten uns so gut es geht. Einer fragt, ob wir Zigaretten haben. Da unser „Bestechungspackerl“ noch gut gefüllt ist, bieten wir ihnen welche an. Danach reiten sie freundlich winkend weiter.
Auch für uns geht es weiter durch das weitläufige grüne Tal, auf einer ganz guten Schotterpiste. Immer wieder sehen wir Herden von Kühen, Schafen und Pferden. Auch Murmeltiere entdecken wir, die jedoch sofort einen Pfiff ausstoßen und in ihre Baue flüchten, wenn wir angeholpert kommen.
Außerdem sehen wir zwei Yaks. Eines davon ist ein ziemlich großer Bulle mit beeindruckenden Hörnern. Sie grasen ganz friedlich und trotten ihres Wegs. Kurz danach kommen wir ans Ende des Tals. Nach einer sehr klapprigen „Brücke“ stehen drei Häuser. Dahinter sollen sich die Jiluu Suu Hot Springs befinden. Es sieht aber alles sehr verwahrlost aus und wir haben keine Lust, hier zu baden. Da wir uns außerdem bereits auf etwa 3.000 m Seehöhe befinden, wollen wir zum Übernachten nicht mehr höher hinauf fahren. Also fahren wir ein Stück retour und suchen uns ein halbwegs ebenes Plätzchen.
Es ist 14 Uhr und wir bauen unsere Markise samt dazugehörigen Wänden auf, denn wieder einmal droht sich Regen an. Kaum ist der Regen vorbei, nähern sich zwei Reiter mit drei Pferden, die wir vor ein paar Stunden weiter unten im Tal schon überholt haben. Rein outfittechnisch dürfte es sich um Touristen handeln. Und tatsächlich, es sind Aya und Jasper aus Dänemark, die seit fast drei Wochen durch Kirgistan reiten. Sie haben die drei Pferde in Karakol am Tiermarkt gekauft und wollten eigentlich bis zum Peak Lenin im Süden Kirgistans. Dann sind ihnen jedoch eines Nachts die Pferde ausgebüchst und eines hat sich dabei verletzt. Jetzt reiten sie wieder retour zum Issyk Köl.
Sie schlagen in der Nähe von uns ihr Lager auf. Wie nett. Sie versorgen ihre Pferde und bauen ihr Zelt auf. Nach dem Essen laden wir Aya und Jasper auf ein Bier ein. Witterungsbedingt setzten wir uns in unser Zelt. Die beiden haben statt Sesseln ihre beiden Schaffelle dabei, die sie in Karakol erstanden haben. Solche wollen wir auch. Wir unterhalten uns lange. Aya ist erst 23 Jahre alt und Jasper schon 32. Dennoch passen sie gut zueinander, denn beide sind eher planlos, was ihre Zukunft betrifft.
Gegen 21 Uhr beenden wir unseren Plausch, denn die beiden müssen eine inzwischen näher gekommene Pferdeherde vertreiben, weil es sonst möglicherweise zwischen dem Hengst dieser Herde und ihren beiden Hengsten zu Revierkämpfen kommen könnte. Aya und Jasper warnen uns noch vor, dass sich das meistens in der Nacht noch ein bis zwei Mal wiederholt. Diese Nacht bleibt es aber ruhig. Erst gegen 6 Uhr hört Wolfgang die drei Pferde von Aya und Jasper mit einer anderen Herde kommunizieren. Das sind eigenartige, quietschende Geräusche.
Während wir um 8 Uhr gemütlich aufstehen, haben die beiden Dänen das Meiste schon zusammengepackt. Da wir sie gestern noch zu einem Frühstückskaffee eingeladen haben, setzen wir uns nochmals gemütlich zusammen. Wir unterhalten uns wieder sehr nett, aus einem Kaffee werden zwei, und die Zeit vergeht wie im Flug. Erst am späten Vormittag satteln die beiden ihre drei Pferde und auch wir packen unser Zelt zusammen und machen unseren Elefanten startklar.
Vor uns liegt der Tosor Pass mit knapp 3.900 m. Nach den Hot Springs, die wir rechts liegen lassen, geht die Straße anfangs in gutem Zustand nach oben. Doch der gute Zustand hält nicht sehr lange an. Die Straße wird schlechter und schlechter, bis eine echte Offroad-Strecke übrig bleibt. Wir holpern im Lowgear über spitze Steine, durch Wasserdurchfahrten, über steile Rampen und hohe Steinstufen. Wir kommen nur sehr langsam voran. Unserem Elefanten wir alles abverlangt, kurzfristig brauchen wir auch die Differenzialsperre.
Dafür erleben wir eine beeindruckende Bergkulisse. Wir blicken auf Gletscher, die mehr als 4.000 m hoch liegen, Talböden, in denen es vor Murmeltieren nur so wimmelt und sehen einer Yak- Herde mit gut 50 Stück. Zu Mittag machen wir eine kurze Jausenpause und um 14 Uhr erreichen wir den Pass. Das Navi zeigt 3.882 m. Es ist bewölkt, es regnet und es ist kalt. Die Luft ist dünn, aber es geht uns überraschend gut.
Die Straße auf der anderen Seite des Bergs bleibt auch die nächsten Stunden über steil, steinig und schwierig zu fahren. Wir haben den Eindruck, dass die Straße auf der Nordseite viel schlechter ist als auf der Südseite. Bis zur Hauptstraße, die rund um den Issyk Köl See herumführt, machen wir kaum mehr als 20 km/h. Wir sind froh, als wir nach ungefähr 210 km über Pisten und 4x4-Strecken am Issyk Köl See ankommen und uns bei einem Bad im See erholen können.