Nicht weit von der Grenze zu Kirgistan entfernt liegt der Sharyn Canyon. Wegen seiner bizarren Felsformationen wird er gerne mit dem Grand Canyon in den USA verglichen.
Der Sharyn Fluss hat hier tiefe Gräben in das rotbraune Gestein gewaschen und eine beeindruckende Landschaft gebildet.
Den ersten Abend verbringen wir in einem Nebental außerhalb des Nationalparks. Hier gibt es einen wunderbaren Stellplatz umringt von hohen lehmfarbenen Felsen, die in der Abendsonne leuchten. Als wir uns einen Nudelsalat zubereiten kommt ein PKW vorbei. Der Fahrer ist ganz begeistert von unserem Auto. Er und seine Frau sind mit den Enkelkindern unterwegs und zeigen ihnen den Canyon. Auch ein Hund, der hier umherstreunt, leistet uns für eine Weile Gesellschaft. Er ist sehr vorsichtig und es genügt schon eine Handbewegung, um ihn auf Abstand zu bringen. Als die Sonne untergeht, wird es kühl und wir genießen das erste Mal unsere Schaffelle als Sitzunterlage. Über dem Canyon schimmert das Abendrot und lässt die Felswände in einem intensiven Licht leuchten.
Als wir am nächsten Tag aufstehen, liegt der Hund (immer noch oder schon wieder?) neben dem Auto. Er hofft offenbar, dass etwas für ihn abfällt. Aber wir füttern keine fremden Hunde. Beim Frühstück läuft eine Ziegenherde neben unserem Stellplatz über einen steilen Hang in das Flussbett. Ihr Fell sieht ganz dick und flauschig aus. Die Ziegenböcke haben 30 cm lange, in sich gedrehte Hörner.
Als wir zusammenpacken, kommen ein paar junge Leute mit einem kleinen Bus ins Tal. Ein Mädchen erzählt uns, dass sie vorhat, an der WU Wien ihren Master zu machen. Ja, die Welt ist klein.
Den Sharyn Nationalpark erreicht man derzeit nur über eine behelfsmäßige Schotterstraße, weil an der Zufahrt gearbeitet wird. Wir bezahlen den Eintritt und fahren zu den ersten Aussichtspunkten, die sich oberhalb des Canyons befinden. Ein Weg führt am Rand des Canyons entlang und wir fühlen uns wirklich ein bisschen wie am Grand Canyon.
Im Canyon verläuft eine Straße und wir wollen auch hinunter. Der Schranken zur Straße in den Canyon ist geöffnet. Dem Schild daneben können wir entnehmen, dass man nur mit einem Allradfahrzeug und mit einer speziellen Berechtigung hinunterfahren darf. Wir sind nicht sicher, ob wir eine solche gekauft haben und fahren zum Eingang zurück. Dort bezahlen wir noch extra für die Abfahrtserlaubnis und dann geht’s los. Die ersten Meter der Straße nach dem Schranken sind sehr steil, mit hohen Felsstufen und kurvig. Judith geht voraus und passt auf, dass kein Auto entgegen kommt, da Ausweichen oder Stehenbleiben nicht möglich ist. Unser Elefant fährt brav hinunter und nach 50 Meter wird es auch schon flacher.
Im Canyon fahren wir zwischen hohen roten Felsen entlang. An mehreren Stellen sind Bänke und Mülleimer aufgestellt. Die meisten Leute wandern zu Fuß nach unten und lassen sich mit einem Taxi wieder nach oben bringen. Nach etwa zwei Kilometer kommen wir an eine Engstelle. Der Durchlass zwischen den Felsen ist erstens eng und zweitens niedrig. Es geht sich ganz, ganz knapp aus. Mit den Dachboxen ist unser Elefant 2,60 Meter hoch, damit schlüpfen wir auf der linken Seite des Durchlasses gerade mal so durch. Rechts ist der Durchlass niedriger, das heißt wir werden die Dachboxen beim Zurückfahren abbauen müssen.
Nach einem weiteren Kilometer erreichen wir das Eco Park Resort, wo die Straße endet. Hier befinden sich ein paar Hütten, Jurten und ein Café. Außerdem sind hier ein paar überdachte Tische und Bänke aufgestellt sowie viel Platz zum Campen. Ein paar Backpacker haben zwischen den Bäumen ihre Zelte aufgeschlagen. Der Sharyn Fluss führt direkt daneben vorbei und lädt zu einer Abkühlung ein.
Wir rasten ein wenig im Schatten, dann erkunden wir den Canyon zu Fuß. Der Canyon erstreckt sich in Ost-West-Richtung. Wir wandern fast bis zur Auffahrt im Westen zurück, wo wir warten, bis die Sonne zum Horizont sinkt und die Felsen vor uns in kräftigem Rot und Orange zu leuchten beginnen. Es tut uns gut, sich wieder einmal richtig zu bewegen.
Nach der Wanderung ziehen wir unsere Badesachen an und gehen in den Fluss baden. Das Wasser ist kühl, aber genau richtig nach der schweißtreibenden Wanderung.
Am Abend kochen wir uns eine kräftige persische Reitersuppe und sitzen dann noch eine Weile auf der Bank und hören bei Kerzenlicht Musik, die wir von zu Hause mitgenommen haben und nach langer Zeit wieder einmal aufdrehen. Es gibt jeden Tag so viel zu erleben, dass wir nur ganz selten das Bedürfnis haben, uns von Musik oder Fernsehen berieseln zu lassen.
Am nächsten Morgen bauen wir die Dachboxen ab, damit wir durch die Felsen durchschlüpfen können. Ohne Dachboxen geht es sich ganz gut aus. Nach der Engstelle montieren wir die Dachboxen wieder, damit sie bei der Fahrt aus dem Canyon fest verzurrt sind. Die letzten Meter der Auffahrt sind ganz schön heftig, aber mit Lowgear und Sperrdifferential klettert unser Elefant sicher nach oben.