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Unsere Vorstellung von Sibirien war bisher mit Worten wie Dauerfrost, Schnee und Kälte verbunden. Doch als wir hier ankommen, erwartet uns ein völlig anderes Bild.

Sind wir in Kasachstan tausend Kilometer durch öde, flache Steppe gefahren, ist die hügelige Landschaft in Sibirien für unsere Augen wieder eine willkommene Abwechslung. Auch hier geht es hunderte Kilometer durch einsame Landschaft, doch mal fahren wir durch ewige Birkenwälder, dann wieder vorbei an riesigen Getreide- oder Sonnenblumenfeldern. Wir können uns nicht satt sehen an dieser Landschaft. Auch das Licht scheint uns hier besonders zu sein, wenn die Sonne am Nachmittag die Landschaft in warme Farben taucht. Es ist Mitte August und die Sonne hat noch Kraft. Wir schwitzen teilweise ganz schön.

Blick auf den Ob Rapsfeld Getreidefelder Wir fahren an vielen Birkenwäldern vorbei Sogar die Sümpfe sehen idyllisch aus

Sibiriens Großstädten statten wir lediglich einen kurzen Besuch ab oder lassen sie überhaupt links liegen. Uns gefallen mehr die kleineren Städte, wie Tomsk und Irkutsk mit ihrer schönen Architektur. Am meisten sind wir jedoch von den kleinen, unscheinbaren Dörfern angetan, die weit verstreut in der Taiga liegen. Kleine, windschiefe Holzhäuser reihen sich entlang der Straße. Manche davon könnten mal einen neuen Anstrich gebrauchen, manche davon sind richtig hübsche Kleinode mit buntem Gartenzaun und herrlich blühender Blumenvielfalt vor der Tür. Gerade jetzt im Spätsommer blühen Astern und Zinnien in allen erdenklich bunten Farben und jede Menge Tagetes. Auch die Obstbäume biegen sich unter der Fülle an Früchten, die jetzt reif sind. Äpfel, Zwetschgen, Kirschen und jede Menge Vogelbeeren. Ob die Einheimischen daraus Schnaps machen? Vor jedem zweiten Haus stapelt sich bereits ein riesiger Haufen an Birkenscheitern als Brennholz für den Winter. Hier heißt es rechtzeitig vorsorgen.

Dorf in Sibirien Die erste Brennholzlieferung ist schon da Gepflegtes WohnhausVorgarten mit Blumenbeet Die Gärten sind meist von bunten Zäunen umgeben

Die Einheimischen sind überaus naturverbunden. An fast jedem Tümpel und Fluss wird gefischt und am Straßenrand verkaufen meist Frauen in Kopftüchern kübelweise selbstgepflückte Pilze, Schwammerl und Beeren. Auch Honig und eingelegtes Gemüse kann man am Straßenrand erwerben. Wir kaufen uns ein Kilo Eierschwammerl und kochen daraus ein herrliches Gulasch mit Semmelknödel.

Schwammerlgulasch mit Semmelknödel

Unsere Übernachtungs- und Mittagspausenplätze sind meist richtig idyllisch. Wir suchen uns abseits der Straße eine bereits abgemähte Wiese, ein Stoppelfeld, oder wir landen auch mal mitten im Wald. Vorsicht ist geboten, denn sobald man von der Hauptstraße abbiegt, landet man auf unbefestigten Wegen und oft im Schlamm. Der Boden in Sibirien ist sehr lehmig und sumpfig und verwandelt sich bereits nach kurzem Regen in knietiefen Schlamm, in dem man selbst mit einem guten Auto leicht stecken bleiben kann. Dazu kommt noch, dass die Waldwege oft von den riesigen Holztransportern völlig umgepflügt sind.

Stellplatz Stellplatz Stellplatz Mittagsplatz

Die Hauptstraße, der „Siberian Highway“, ist meist in sehr gutem Zustand. Nur manchmal, vor allem an den Stadtgrenzen, zeigt das Asphaltband deutliche Abnützungserscheinungen.

Perfekte Straße Weniger perfekte Straße

Immer wieder kreuzen wir die Schienen der Transsibirischen Eisenbahn oder fahren für längere Zeit neben ihnen her. Wir sind erstaunt, dass so viel Zugverkehr herrscht. Meist sind es Güterzüge, die im Abstand von wenigen Minuten in beide Richtungen unterwegs sind. Nur selten sehen wir Personenzüge.

Je weiter wir nach Osten kommen, desto mehr spüren wir den beginnenden Herbst. Die Temperaturen sinken und das Birkenlaub beginnt bereits gelb zu verfärben. Auch wenn wir den milden Spätsommer in Zentralsibirien sehr genießen, sind wir uns bewusst, dass wir bei unserer Rückkehr Mitte Oktober wahrscheinlich eine rauere Seite Sibiriens kennen lernen werden.