In Kashan schlagen wir unser Lager im Chehel Hesaran Park auf.
Von dort machen wir einen Ausflug nach Nushabad, das ein paar Kilometer nördlich von Kashan liegt. In Nushabad kann man ein unterirdisches Labyrinth besichtigen, in das sich die Einwohner in früheren Zeiten bei Gefahr zurückziehen konnten. An zwei Punkten kann man in die unterirdischen Gänge hinuntersteigen, in denen es angenehm kühl ist, jedoch abseits der Belüftungsschächte ist die Luft manchmal schlecht. Draußen ist es sehr heiß (über 30 °C) und trocken. Wüste eben. Am Nachmittag ist fast niemand zu sehen und das Dorf scheint wie ausgestorben.
Danach fahren wir nach Kashan ins Ortszentrum. Gerade als wir aussteigen, kommt ein europäisch aussehendes Paar auf uns zu. „Was macht ein Linzer in Kashan?“ fragt er. Wir sind überrascht, heimatlichen Dialekt zu hören. Das Paar ist aus Eidenberg und ebenfalls auf Urlaub im Iran.
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Kashan sind alte Häuser, die aufwendig restauriert wurden. Wir besichtigen das Boroojerdi Historical House, das 1873 errichtet wurde. Durch ein kleines Tor gelangt man in einen großen Hof mit einem langen Wasserbecken. Die Fenster- und Türbögen sind kunstvoll mit Stuck verziert. Am anderen Ende des Hofs liegen Empfangsräume, die zum Hof hin offen sind. Dort sind die Wände zusätzlich mit Malereien verziert. Zu besichtigen ist nur der Außenbereich des Hauses, da der Innenbereich von den Nachfahren des Errichters, einem reichen Kaufmann, bewohnt wird.
Um 17 Uhr öffnet der Basar wieder. Es fällt uns auch auf, dass es keine strenge Gliederung nach Warengruppen gibt. Zwischen Kleidung und Geschirr findet man einen einsamen Fleischer oder einen Bäcker. Bei einem Fleischhauer kaufen wir Faschiertes. Hoffentlich ist es wirklich Rind – die Verständigung war mühsam. Es macht uns viel Spaß, von einem Geschäft zum nächsten zu gehen und zu gustieren.
Auf dem Rückweg zum Chehel Hesaran Park fallen uns schon dunkle, graugelbe Wolken über den Bergen auf. Bald darauf zucken die ersten Blitze am Himmel und gerade als wir es uns am Picknickplatz gemütlich machen, fallen die ersten Regentropfen.
Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg nach Abouzeidabad, von dort führt eine Piste in die Kavir Wüste zum Namak Salzsee.
Auf dem Weg dorthin, überholt uns ein Auto und der Fahrer ruft herüber, ob wir aus Austria sind. Wir bejahen und er begrüßt uns mit Servus, überholt und bremst vor uns ab. Wir bleiben stehen und er kommt zu uns gelaufen. Er stellt sich als Mohammed vor und erzählt uns, dass er einen Freund in Vienna hat. Wir sind anfangs etwas skeptisch, als er uns jedoch ein Foto von sich vor Schloss Schönbrunn zeigt, glauben wir ihm doch. Er ist schon viel in Europa herumgekommen und er zeigt uns seine Fotos von Paris, Portugal, Polen, usw. Beruflich repariert er Kopierer und Drucker und er muss auch gleich weiter. Doch zuvor schenkt er uns eine Landkarte der Umgebung und fährt uns voraus, damit wir den Weg nach Aran va Bidgol finden, wo wir unbedingt den Holy Shrine ansehen sollen.
Der Holy Shrine ist das Mausoleum von Helal ibn Ali und stammt aus der Safaviden Epoche. Dieses Gebäude ist prächtig mit bunten Fliesen und Spiegeln verziert, die uns in der Mittagssonne richtig blenden. Judith muss sich einen Tschador leihen, damit sie das Mausoleum betreten darf. Die Leih-Tshadore sind nicht schwarz, sondern haben ein aufdringliches Blümchenmuster. Wolfgang wird von einem Guide in die prachtvolle Männerabteilung geführt. Alles funkelt und glitzert. Bei Judith in der Frauenabteilung eher weniger, dafür huscht eine Kirchen- äh Moscheemaus an ihr vorbei.
Nach der Besichtigung bekommen wir im Verwaltungsbüro einen Tee serviert, bevor uns der Guide zum Ausgang geleitet.
Dann geht’s aber endlich auf einer breit ausgebauten, einsamen Straße nach Abouzeidabad. Kurz hinter dem Dorf geht die Straße in eine Piste über, die sich immer wieder mal teilt. Gut, dass unser Navi zumindest eine davon kennt. Schnell ändert sich die Landschaft. In der Ferne erkennen wir bereits Dünen und wir sehen erste Kamele. Die Piste scheint wenig befahren zu sein, aber die Richtung stimmt und wir fahren, bis wir direkt vor den großen Sanddünen stehen. Es ist beeindruckend. So stellt man sich die Wüste vor. Wir suchen uns ein nettes Plätzchen zwischen kleineren Dünen, wo wir heute übernachten. Da der Sand am Nachmittag sehr heiß ist, plagt sich unser Defender schon ganz ordentlich.
Wir fahren unsere Markiese aus und lassen uns im Schatten nieder. Während wir essen wird es stürmisch und es fallen sogar einige Regentropfen. Tja, der Regen verfolgt uns sogar bis in die Wüste…
Am nächsten Morgen fahren wir zur nahe gelegenen Maranjab Karawanserei, die zwar restauriert wurde, aber sehr ungepflegt erscheint. Nach dieser eher enttäuschenden Besichtigung fahren wir wieder zu den Dünen und machen dort eine ausgedehnte Mittagspause. Hin und wieder bekommen wir Besuch von Kamelen, die hier in der Umgebung die kleinen grünen Büsche abgrasen.
Am Abend suchen wir uns einen neuen Stellplatz, da wir noch eine zweite Nacht in der Wüste bleiben wollen.
Wir kochen Fleischlaibchen mit Kartoffelpüree. Natürlich ist das Faschierte (zumindest zum Teil) vom Schaf und nicht vom Rind, aber es schmeckt sehr gut. Die Fliegen, die den Braten natürlich riechen, sind ziemlich lästig und treten massenweise auf. Wir können nur mit einer Hand essen, die andere brauchen wir zum Verscheuchen der Fliegen. Als das Essen kühler wird, lassen die Fliegen davon ab. Scheinbar gibt es interessantere Objekte, zB unsere Abwasch. Die Feuchtigkeit zieht die Fliegen an wie das Licht die Motten.
Nach dem Essen sitzen wir noch eine Weile unterm Sternenhimmel und philosophieren über den Iranischen Staat. Die Bücher, die wir gelesen haben, geben uns schon zu denken.
- Kirsten Winkler, Kulturschock Iran, Reise-Know-how-Verlag, 5. Auflage, 2005
- Deborah Ellis, Wenn der Mond am Himmel steht, denke ich an dich, 1. Auflage 2015