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Wir verlassen die Wüste und fahren über ein Gebirge, wo wir dem kleinen Bergdorf Abyaneh einen kurzen Besuch abstatten.

Abyaneh

Von dort schlängelt sich die Straße weiter durchs Gebirge und wir kommen nach Natanz, wo wir vor der Moschee halten. Hinter der Moschee befindet sich ein alter Feuertempel aus der Zeit, als der Islam hier noch nicht verbreitet war. Als wir schon wieder zum Auto gehen, spricht uns ein Passant an. Er weist uns auf das Mausoleum von Ab das-Samad al-Isfahani von 1307 hin, das sich im Moschee-Komplex befindet. Aber nicht nur das, er kommt gleich mit und erklärt uns das ganze Gebäude. Wir bewundern die kunstvollen Verzierungen mit arabischen Inschriften, die Allah, Mohammed usw verherrlichen. Wir bedanken uns für die Begleitung, reden noch ein bisschen über andere Dinge und verabschieden uns.

Der Saal mit dem Sarkophag ist in dezentem Grün gehalten

Würde uns das in Europa passieren, dass ein Passant einem Touristen spontan die Sehenswürdigkeiten zeigt? Nein, bestimmt nicht. Gastfreundschaft, wie wir sie nicht kennen.

Wir übernachten in einer verfallenen Karawanserei. Hier ist alles Lehmboden und durch den Regen ein einziger Sumpf. Zum Abendessen gibt es Nudelsalat mit allem, was wir so haben. Es wird sehr gut und viel zu viel. Da haben wir morgen auch gleich nochmal ein Essen, wenn der Ramadan beginnt.

In Esfahan schlagen wir unser Lager im Fadak Garden, einem großen Picknick-Park, in dem Übernachten ausdrücklich erlaubt ist, auf. Das Personal ist sehr zuvorkommend und der Park ist schön angelegt, auch wenn er gleich neben einer stark befahrenen Straße liegt. Einziger Haken: es gibt keine Dusche. Es dauert nicht lange, bis der erste Iraner auf uns zugeht. Wir unterhalten uns ein wenig mit Hilfe der Übersetzungs-App, denn er kann kaum Englisch, will aber unbedingt mit uns reden. Er legt großen Wert darauf, dass im Iran verschiedene Völker leben und er zu den Luren gehört. Dann bietet er uns noch einen Tee an, den er mit Rosenblüten verfeinert. Zum Abschied bekommen wir noch ein kleines Fläschchen mit Rosen-Deo geschenkt.

Wir überlegen kurz wie wir am Besten in die Innenstadt kommen und entscheiden uns, dass wir mit dem Auto fahren. Da heute Freitag ist, erwarten wir nicht allzu viel Verkehr. Und tatsächlich kommen wir sehr gut voran und finden entlang der Hauptstraße einen Parkplatz.

Als erstes wollen wir den Chehel Sotun Palast (Palast der 40 Säulen) besichtigen. Je näher wir dem Eingang kommen, desto größer werden die Menschenmassen. Wir vermuten, dass die Leute alle zum Freitagsgebet auf den zentralen Platz Meydan-e Imam wollen, doch nein, sie drängen alle in den Palast. Wir brauchen keinen Eintritt zu bezahlen. Zuerst denken wir, dass am ersten Freitag im Ramadan vielleicht freier Eintritt ist. Erst beim Verlassen des Palastes entdecken wir ein Plakat, das den heutigen „International Museums Day“ ankündigt. Nicht nur bei diesem Palast ist freier Eintritt, sondern in allen Museen der Stadt. Wir drängen uns also mit den Massen mit. Der Palast liegt in einem schönen Park mit Wasserbecken, in dem sich die 20 Holzsäulen des Vordaches spiegeln, daher der Name. Im inneren sind riesige Wandgemälde angebracht, die verschiedene Schlachten und Empfangsszenen der damaligen Shahs zeigen.

Chehel Sotun Palast Iranische Staats-Empfänge waren zu Zeiten des Shah durchaus feucht-fröhlich ...

Vom Chehel Sotun Palast gehen wir weiter Richtung großen Platz Meydan-e Imam.

Meydan-e Imam

Wir sind erstaunt, dass es keine Absperrungen für das Freitagsgebet gibt. Anscheinend gilt heute in der ganzen Stadt Ausnahmezustand wegen dem „International Museums Day“. Wir beschließen, dieses Angebot zu nutzen und wollen in den Ali Quapu Palast an der Westseite des Platzes. Doch als wir die Menschenmassen sehen, die sich durch eine kleine Tür hinein und hinaus drängen, verzichten wir und gehen stattdessen zur gegenüber liegendend Lotfollah Moschee. Dieser eilt der Ruf voraus, die schönste Moschee der Welt zu sein. Und tatsächlich, als wir sie betreten sind wir überwältigt. Der Kontrast zwischen der natürlichen Farbe der Lehmziegel, aus denen sie erbaut ist, und den bunten Farben der Arabesken sind einmalig. Durch einen mehrfach abgeknickten Gang, kommt man in den eigentlichen Gebetsraum, der seinesgleichen sucht. Die 16 Fenster unterhalb der Kuppel, deren mit Fayencefliesen verkleidete Öffnungen die Sonnenstrahlen brechen, geben dem Saal eine besondere Stimmung.

Lotfollah Moschee Lotfollah Moschee

Begeistert treten wir wieder hinaus ins gleißende Sonnenlicht. An der Südseite des Meydan-e Imam liegt die ebenfalls beeindruckende Große Moschee, die man durch ein nicht weniger beeindruckendes Tor mit 2 Minaretten betritt. Wir haben Glück, denn genau als wir ankommen, öffnen sich die Eisentore. Es ist punkt 14 Uhr und das Mittagsgebet ist beendet. Somit ist die Moschee wieder für Besucher geöffnet. Nachdem man das wunderschöne Tor passiert hat, gelangt man an einen großen Innenhof, um den sich vier überkuppelte Hallen (Iwane) befinden. Die gesamte Außenfassade ist mit Fliesen verkleidet. Auf blauem Grund befinden sich florale Elemente in Gelb- und Grüntönen. Angeblich wurden für dieses Bauwerk 472.550 Fliesen verwendet. Im Hauptgebetssaal herrscht eine wunderbare Akustik. Wir lassen die besondere Atmosphäre dieses Gebäudes auf uns wirken, denn auf Fotos oder Video lässt sich das nicht festhalten.

Blick auf die Minarette am Eingang der Moschee Merhab der großen Moschee Sehr selten: Bildliche Darstellungen in einer Moschee Die große Moschee bei Nacht

Zurück am großen Platz bummeln wir durch die schattigen Geschäftsgassen. Hier ist der Touristenbasar zuhause. Uns plagen Hunger und Durst, doch es ist Ramadan und daher dürfen wir nicht in der Öffentlichkeit essen und trinken. In einer dunklen Seitengasse löschen wir den ärgsten Durst und beschließen zum Auto zurückzugehen und ein paar Kekse zu essen. Wie zwei Schwerverbrecher verkrümeln wir uns ins Auto.

Zurück beim Basar am Meydan-e Imam spricht uns ein Verkäufer an. Als wir ihm sagen, dass wir aus Österreich kommen, bittet er uns mit einem „Habe die Ehre“ in sein Teppichgeschäft, nur um zu reden…. es sollte anders enden. Wir plaudern über dies und das, bekommen den üblichen Tee serviert und dann will er sein Wissen über Teppiche mit uns teilen. Geknüpft, gewebt, Seide, Wolle, klassische Muster, Nomadenteppiche, große, kleine, usw. Jede Art von Teppich breitet er vor uns aus. Da sitzen wir also vor einem Berg Teppichen, bis wir nach zwei Stunden vor den beiden Finalkandidaten stehen. Sollen wir uns für den mit dem Kamelabdruck-Muster entscheiden, oder doch den teureren mit dem außergewöhnlichen Muster, der ca. 50 Jahre alt ist? Nach langem Hin und Her entscheiden wir uns für zweiteren, besiegeln das Geschäft mit Handschlag und sind EUR 950,- los. Wir gehen zum Auto, um das Geld zu holen (den Teppich haben wir schon dabei) und gehen dann wieder retour zum Geschäft. Heute haben wir schon eine Menge Kilometer zur Fuß abgespult.

Als wir das Teppichgeschäft endgültig verlassen, herrscht am Meydan-e Imam eine ganz besondere Stimmung. Der Himmel ist samtblau, der Mond ist eine dünne Sichel und der Abendstern leuchtet über dem Ali Quapu Palast. Der Muezzin singt seine erlösenden Gebete und unzählige Familien auf ihren Picknick-Decken beginnen, ihre mitgebrachten Speisen zu essen. Es herrscht eine nette, ausgelassene Stimmung.

Am nächsten Tag ist bei uns großer Kochtag angesagt. Wir wollen beim abendlichen Iftar-Picknick am Meydan-e Imam Platz teilnehmen und dazu Hühnerschnitzerl mit Kartoffelsalat kochen. Die Schnitzel zu kochen ist ein riesen Aufwand. Die Brösel reiben wir selbst aus alten Weckerl und statt einem Schnitzelklopfer nehmen wir den Bratenwender. Die ganze Mühsal ist aber gleich vergessen, als das erste Stück in der Pfanne brutzelt und seinen heimatlichen Duft verströmt.

Gegen 18 Uhr fahren wir in die Stadt. Zuerst sehen wir uns die Kahjoo Brücke an. Sie ist im Abendlicht wunderschön, allerdings führt der Fluss zur Zeit kein Wasser.

 Kahjoo Brücke

Dann fahren wir zum Meydan-e Imam. Erst nach 20 Uhr beginnt der Muezzin zum Gebet zu rufen und er singt bis fast halb 9, dann erst ist hier Iftar. Die Schnitzerl schmecken hervorragend und der Salat dazu ist ein Gedicht! Zum Abschluss gibt’s noch etwas Süßes. Dann packen wir bald zusammen, denn der Rasen ist schon feucht und kühl. Nur die steinernen Einfassungen sind noch warm von der Sonne.

Wir zwei beim Iftar (Fastenbrechen)

Es ist schon später Vormittag, als wir uns nächsten Tag auf den Weg zur Polizeistation machen, um das Visum zu verlängern. Obwohl es wieder sehr heiß ist, zieht Wolfgang ein langärmliges Hemd an, um Eindruck zu schinden. Wir kämpfen uns durch den Verkehr und finden in der Nähe der Polizei einen Parkplatz. Beim Eingang muss das Handy abgegeben werden, dann wird der Pass bzw Personalausweis notiert und es gibt eine Leibesvisitation, natürlich für Frauen hinter einem Vorhang, wo man auch den Leih-Tschador verpasst bekommt. Der Schalter für Visa im 1. Stock ist auf Englisch beschriftet und vor uns stehen einige Männer, die wir als Afghanen eingeschätzt hätten. Nach ein paar Minuten kommt ein Polizist heraus und fragt uns, was wir möchten. Er sieht sich den Pass an und meint, wir seien zu früh dran. Das Visum gelte vom Einreisedatum an 30 Tage. Dass bei uns die Drei-Monats-Frist vorher abläuft, ist nach seiner Auskunft nicht relevant. Was zählt, ist das Einreisedatum. Na gut, dann haben wir noch fast zwei Wochen Zeit. Hoffentlich sehen das die anderen Polizisten auch so.

So sind wir viel schneller fertig als erwartet und können uns noch ein paar Sehenswürdigkeiten ansehen. Die Polizeistation ist in der Nähe des armenischen Viertels, wo wir die Vank Kathedrale und die Kirche St. Betlehem besichtigen. Beide Kirchen stammen aus dem 16. Jahrhundert und sind mit wunderschönen Fresken in kräftigen Farben geschmückt. Besonders die Kathedrale ist sehr eindrucksvoll. Im kleinen Museum daneben werden verschiedene sakrale Gegenstände ausgestellt und eine Vitrine beschäftigt sich mit dem Genozid von 1915, den die Türken zu verantworten haben. Da das türkische Reich damals auch Gebiete des heutigen Iran umfasste, waren auch diese Gebiete betroffen. Mehr als 1,5 Mio Armenier fanden den Tod, sämtliches Vermögen wurde konfisziert. Die Türkei anerkennt den Genozid bis heute nicht. Österreich hat – ebenso wie viele andere Staaten – den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts anerkannt.

Vank Kathedrale Vank Kathedrale: innen prunkvoll ausgemalt Auch die St. Betlehem Kirche ist wunderschön

Nach diesem kurzen Ausflug in die christliche Religion geht es wieder zurück in die Welt des Islam. Nördlich des Basar befindet sich die Freitagsmoschee, die Jameh Mosque. Als wir um 14 Uhr dort ankommen, ist das Gebet noch im Gange. Ein riesiger Innenhof wird von vier Iwanen umschlossen. Als wir hineingehen dürfen, beginnt ein Geistlicher einen Choral zu singen. Es muss sich um einen besonders dramatischen und traurigen Text handeln, denn im Laufe der Zeit beginnt der Geistliche zu schluchzen. Sein Wimmern und Klagen schallt durch viele Lautsprecher verstärkt über den Hof und wir wissen nicht, ob wir lachen oder weinen sollen, weil es so theatralisch klingt. Die Einheimischen nehmen es mit großer Gelassenheit bzw ignorieren es.

Blick vom Nordiwan zum Südiwan

Hinter dem Nord-Iwan befindet sich eine großartige, sehr alte Kuppel, die durch einen Säulengang erreichbar ist. Die Tür dorthin ist abgeschlossen, aber ein Wächter sperrt sie gerne auf. An der Westseite ist ein kleiner Gebetsraum mit einem wundervollen Stuck-Merhab. Auch dieser Raum ist versperrt und wird auf Wunsch geöffnet.

Kunstvoller Stuck-Merhab

Der zentrale Bereich der Moschee befindet sich hinter dem Süd-Iwan. Dort sind die Gebetsräume für Männer und Frauen, bestehend aus vielen Säulen und Gewölben, und der Raum in der Mitte wird von einer hohen Kuppel überspannt, die aus dem Jahr 1086/87 stammt. Wir bleiben ein bisschen im Gebetsraum, denn dort ist es angenehm kühl und ruhig. Auf den roten Teppichen liegen einige Männer herum und schlafen. Wahrscheinlich fasten sie und versuchen, den Tag bis zum Iftar an diesem angenehmen Ort vergehen zu lassen.

Drei der vier Iwane der Freitagsmoschee

Zwischen der Freitagsmoschee und dem Meydan-e Imam erstreckt sich der Basar von Esfahan. Wir bummeln durch die überdachten Gassen, die angenehm kühl sind. Nur schade, dass man nichts essen oder trinken darf. Langsam bekommen wir nämlich Durst. Auf dem Platz ruhen wir uns im Schatten ein bisschen aus und dann gehen wir durch den Basar zum Auto zurück. Dabei kommen wir an einem Safran-Geschäft vorbei. Wir lassen uns die verschiedenen Qualitäten zeigen und nehmen ein paar kleine Dosen mit.

Auf dem Rückweg fällt uns ein roter VW-Bus auf und beim zweiten Blick erkennen wir das Fahrzeug von Caro, die wir schon in Tabriz getroffen haben. Sie übernachtet ebenfalls im Fadak Garden. Das ist ja ein sehr schöner Zufall!

Stellplatz im Fadak Garden

Am Abend kochen wir Champignon-Geschnetzeltes mit Reis. Caro macht sich Palatschinken. Die sehen sehr köstlich aus und werden von uns auf dem Speiseplan der nächsten Tage notiert.

Beim Essen plaudern wir darüber, was wir seit unserem letzten Treffen erlebt haben und tauschen Reisetipps aus. Es ist schon wieder spät, als wir zu Bett gehen.