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Das Ferganatal ist die östlichste Region Usbekistans.

Bevor wir dorthin reisen, machen wir in Tashkent, der Hauptstadt Usbekistans, einen kurzen Zwischenstopp um uns mit Deedrah und Valentin auf eine Riesenpizza zu treffen und unsere Wäsche zu waschen.

Aufgrund der komplizierten Grenzen mit Kirgistan und Tadschikistan galt das Ferganatal lange Zeit als unsicher. Heute stehen die Zeichen auf Entspannung, nach und nach werden geschlossene Grenzübergänge zu den Nachbarländern wieder geöffnet.

Auf der Fahrt ins Ferganatal verändert sich die Landschaft. Es wird grüner und gebirgiger. Vor uns türmen sich außerdem schwarze Gewitterwolken auf, aus denen schon bald erste Blitze zucken. Gerade als wir bei einer Raststation eine kurze Pause machen, beginnt es zu schütten. Nach vielen, vielen Wochen Sonnenschein freuen wir uns über den Regen, trotzdem macht er das Fahren auf den usbekischen Straßen noch anstrengender. Zum Glück lassen wir das Gewitter bald hinter uns und die Sonne lacht wieder.

Unser erstes Ziel ist der Ort Kokand, wo wir uns gleich nach unserer Ankunft auf einen Stadtrundgang begeben, denn wir wollen die bunte Fassade des Chan Palastes sehen. Leider haben wir abends starkes Gegenlicht und so bummeln wir weiter bis zur Jamee Moschee. Diese ist klein, aber mit ihrer aufwändig bemalten Holzdecke durchaus sehenswert. Kokand ist ein netter, verschlafener Ort, der schon ein wenig russisches Flair verstreut.

Jamee Moschee Jamee Moschee

Weil wir kein Restaurant finden, gehen wir zu einem Comca-Stand. Es schmeckt köstlich und wir kosten uns durchs ganze Sortiment. Für 8 Stück bezahlen wir 18.000 Som (ca. 2 Euro). Auf dem Retourweg zum Hotel kommen wir an einem Supermarkt vorbei, wo wir ein paar Naschereien und Getränke einkaufen. Der Kassier ist begeistert, dass Touristen aus "Austria in Europe" bei ihm einkaufen.

Am nächsten Tag fahren wir noch einmal zum Chan Palast. Jetzt kann man die bunte Fassade besser erkennen. Wir entscheiden uns jedoch, den Palast von innen nicht zu besichtigen, da uns das darin befindliche Landeskundemuseum eher weniger interessiert.

Chan Palast

Unser nächstes Ziel ist Rishtan. Dieser kleine Ort liegt schon fast an der Grenze zu Kirgistan. Vor unserer Abreise haben wir einige Fernsehdokumentationen gesehen und eine davon besuchte die Keramikwerkstatt von Said Akhmedov. Diese Werkstatt ist einer der letzten Familienbetriebe, und die wollen wir uns ansehen.

Said Akhmedov vor dem Brennofen

Wir werden äußerst freundlich vom Firmenchef und seinem Vater begrüßt. Der Vater spricht nur usbekisch und russisch. Der Firmenchef erklärt uns seine Werkstatt und seine Arbeit in einem bunten Sprachenmix (deutsch, spanisch, russisch, englisch, …). Wir sehen wie die Keramiken getöpfert, gebrannt, bemalt und anschließend wieder gebrannt werden. Hier passiert alles noch in Handarbeit. In einem der schönen Innenhöfe sitzen zwei Burschen und bemalen die Keramiken mit traditionellen bunten Motiven. Nach der Führung bekommen wir selbstgemachten Kirschensaft serviert und unterhalten uns sehr angeregt mit Said. In einer Ecke seines Ausstellungsraums hat er auf großen Keramiktellern verschiedene Landestrachten aus verschiedenen Ländern ausgestellt. Es gibt ein Teller zu Österreich, es zeigt eine Oberösterreichische Tracht – wir sind begeistert.

Handarbeit Trachtenteller

Natürlich wollen wir ein Souvenir mitnehmen und entscheiden uns für kleine Schüsseln mit dem usbekischen Ikatmuster. Diese Muster findet man auf Kleidungsstücken, Tischwäsche, Bettwäsche, usw. Als Draufgabe bekommen wir zwei Minischüsserl mit dem Hinweis, dass diese für Vodka wären. Während wir uns ins Gästebuch eintragen, fährt ein Minibus mit weiteren Touristen vor. Wir verabschieden uns von Said und während wir unsere Einkäufe im Auto bruchsicher verstauen, spricht uns der Reiseleiter aus dem Minibus an. Er kann es gar nicht fassen, dass wir aus Österreich mit dem Auto hier her gefahren sind und wünscht uns alles Gute für unsere weitere Reise. Wieder einmal sind die Leute in den sogenannten „Risikogebieten“ am allerfreundlichsten (wie schon die Kurden und Iraner).

Das Ikathouse Guesthouse in Marghilon ist sehr nett angelegt, mit einem schönen Innenhof und Garten, und wir fühlen uns gleich wohl.

Eingang zum Ikathouse

Am Abend bummeln wir durch die Straßen und finden ein nettes Restaurant O’zbekona Oshxonasi. Ein Bursche, 16 Jahre alt, übernimmt das Service bei uns, da er der einzige ist, der Englisch spricht. Er ist sehr bemüht und fragt uns alle 5 Minuten, ob uns etwas fehlt. Wir essen zuerst eine kräftige Rindsuppe, dazu Brot. Danach bestellen wir drei Sorten Shashlik (Rind, Faschiertes, Schaf). Alle drei schmecken hervorragend. Genau am Punkt gegart. Dazu essen wir einen Kraut-Zwiebel-Salat und trinken Tee und Wasser.

Am nächsten Vormittag gehen wir zur Seidenfabrik. Sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen, die uns auf dem Weg begegnen, sind überaus freundlich und aufgeschlossen. Das hat uns schon ein wenig gefehlt.

In der Yodgorlik Seidenfabrik bekommen wir eine Führung, bei der wir alle Stationen der Fertigung, vom Kokon, das Spinnen, das Design, das Färben und das Weben, besichtigen können. Die Muster gefallen uns sehr gut. Es ist die einzige Fabrik in Usbekistan, die die Stoffe noch in Handarbeit herstellt. Sie produzieren nur für das eigene Geschäft sowie für Einzelaufträge, aktuell für eine deutsche Designerin für die Fashion Week demnächst, vor ein paar Jahren für Gucci in Paris. Im Shop hängen die Fotos von den Modellen auf dem Laufsteg.

Hier wird der Kokon ausgewickelt Der Designer zeichnet das Muster an Je nach Design werden Teile der Seide vor dem Färben mit Tixo abgeklebtDie gefärbte Seide wird zu Stoff verwoben Viele Webstühle Gucci

Nach der Führung ist es bereits nach Mittag und für den Basar ist es uns zu heiß, daher gehen wir zurück zum Hotel. Am Rückweg entdecken wir das Bakery House mit köstlichen Torten in den Vitrinen. Wir können zwar kein Wort mit der Kellnerin reden, aber zwei Kuchen zu bestellen, das geht trotzdem. Die Bananenschnitten sind sehr köstlich! Die Einheimischen kommen gerne auf ein Eis herein, das auf einer runden Platte frisch zubereitet wird. Vielleicht sollten wir das auch einmal versuchen.

Köstliche Torten

Den Nachmittag verbringen wir im Garten des Ikathouse bei einem Nachmittagskaffee. Es ist heiß, aber wenn man sich wenig bewegt, kann man es im Schatten aushalten.

Während wir unseren Kaffee genießen kommen Deedrah und Valentin bei der Tür herein. Weiters checkt ein britisches Paar ein, Tom und Sophie. Wir plaudern über unsere Reisen und gehen am Abend gemeinsam in das Lokal, in dem wir am Vortag waren. Das Essen ist wieder ausgezeichnet.

Am nächsten Tag wollen wir zum Seidenbasar fahren. Dieser ist jedoch heute geschlossen. Der Lebensmittelbasar im Ortszentrum hat geöffnet, daher sehen wir uns diesen an. Vor dem Basar kommen wir an einer Bäckerei vorbei. Dort wird gerade frisches Brot verkauft. Die Bäcker drücken uns gleich eines als Kostprobe in die Hand. Es ist so heiß, dass Wolfgang es kaum auseinanderbrechen kann. Die Bäcker geben uns zu verstehen, dass wir warten sollen, denn n ein paar Minuten beginnen sie wieder zu backen. Wir beobachten, wie sie die Muster in den Teig stempeln und dann den Ofen befüllen. Die Teiglinge werden an die Ofenwände geklebt und bleiben dort, bis sie fertig gebacken sind. Beim Befüllen muss der Bäcker mit dem ganzen Körper in den heißen Ofen hineinschlüpfen. Eine schweißtreibende Arbeit. Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen und schmeckt ausgezeichnet.

Das Muster wird in den Teig gestempelt Der Backofen wird befüllt Der Backofen von innen

Auf dem Basar werden alle Lebensmittel angeboten, die man sich vorstellen kann. Wir sind in Kauflaune und kaufen ein süßes Brot, das wie ein Germgebäck schmeckt, Feigen, Halva und eine große Einkaufstasche, die aus einem Mehlsack hergestellt wurde.

Impressionen vom Basar

Den restlichen Tag verbringen wir wieder im Hof des Ikathouse. Die Betreiber des Hotels laden uns zum Abendessen ein. Es gibt Plov, den seine Mutter frisch kocht. Wolfgang geht mit Valentin und Tom vorher noch Bier kaufen und dann sitzen wir gemütlich beisammen, lachen über die EAV und andere 80er NDW-Hits und fragen uns, was im nächsten Land wohl auf uns zukommen wird. Denn am nächsten Tag geht’s für uns weiter nach Kirgistan.