Wir fahren in den Kasanka Nationalpark. Es ist der einzige Nationalpark in Sambia, den wir auf dieser Reise besuchen.
Berühmt ist der Kasanka Nationalpark für die Fledermaus-Wanderung. Jedes Jahr im Oktober/November ziehen geschätzte 10 Millionen (!) Fledermäuse (Flughunde) in den Park. Das ist ein einzigartiges Spektakel, die größte Wanderung von Säugetieren auf der Erde. Aber wir sind wegen etwas anderem hier. In diesem Nationalpark sind die Chancen sehr hoch, die scheuen und seltenen Sitatunga Antilopen zu sehen.
Am Gate bezahlen wir nur den Eintritt. Die Campinggebühren werden hier vom Kasanka Trust verwaltet und sind bei der Wasa Lodge zu bezahlen. In Sambia wird der Eintritt nach Kalendertagen berechnet. Wir bleiben daher die erste Nacht noch außerhalb des Parks im KCC, dem Kasanka Conservation Center. Das liegt zwar nach dem Gate, gilt aber noch als außerhalb des Parks.
Beim KCC bekommen wir einen einfachen Stellplatz zugewiesen, zwischen WC-Haus und Dusch-Haus. Das WC hat fließendes Wasser. Die Dusche nicht, die ist eine sogenannte Bucket-Shower. Das heißt, man gibt Bescheid, wann man duschen möchte. Dann kommt ein Angestellter mit einem Kübel, balanciert ihn über eine Leiter nach oben und gießt warmes Wasser in einen Behälter (Bucket) über der Dusche. Er mischt die Temperatur gleich passend ab, denn die Dusche hat unten nur einen Hahn.
Wir nutzen den Nachmittag, um einen Pizza-Teig zu machen. Der Teig muss etwa 3 Stunden rasten, dann gibt es köstliche Pfannenpizza. Dazu trinken wir Mosi Bier. Am Abend gibt uns der Center Manager bescheid, dass die Pontoon Campsite, wo wir die nächsten Tage übernachten wollten, derzeit renoviert wird. Wir können stattdessen bei der Wasa Lodge campieren.
Am nächsten Morgen läutet der Wecker um 5:42 Uhr, kurz vor Beginn der Dämmerung. Ohne Frühstück machen wir uns auf den Weg, denn wir wollen so rasch als möglich zum Fibwe Hide kommen, um dort die Sitatunga zu sehen. Die Wege im Nationalpark sind sehr schmal, aber in gutem Zustand. Wir fahren die meiste Zeit durch Wald. Nur manchmal öffnet sich die Landschaft. Meist befindet sich dort ein See, der von einem breiten Schilf- und Grasgürtel umgeben ist. Kurz vor dem Fibwe Hide passieren wir das Research Scout Camp, in dem gerade eine Studentengruppe aus Großbritannien einen Forschungsaufenthalt macht. Dort erfahren wir, dass der Fibwe Hide schon seit mehreren Jahren nicht mehr benützt wird. Unser Reiseführer scheint diesbezüglich nicht ganz aktuell zu sein. Wir sollen besser zum Pontoon Camp fahren, dort gibt es einen Hide, bei dem die Chancen sehr gut stehen, Sitatunga Antilopen zu sehen.
Beim Pontoon Campsite sehen wir Arbeiter, die die Campsite renovieren. Der Caretaker begrüßt uns und weist uns ein, damit wir zu Campsite 3 finden, von wo man zum Hide gehen kann.
Der Hide ist ein etwa 6 Meter hoher Hochstand mit niedriger Brüstung ohne Dach. Es stehen zwei Bänke oben, die wir uns so richten, dass wir gut auf die Ebene vor uns sehen können. Direkt vor uns liegt ein breiter Schilfgürtel, dahinter kommt eine Gras- bzw Sumpffläche. Wir sehen ganz weit entfernt eine Herde Puku. Diese kommen hier sehr häufig vor. Eine Bushbuck-Geiß mischt sich darunter. Wir sitzen lange oben, aber wir sehen nur kurz eine Sitatunga über die offene Fläche laufen.
Nach etwa zwei Stunden gehen wir zum Auto zurück und frühstücken. Anschließend fahren wir zur Wasa Lodge. Sylvester, der Lodge Manager, empfängt uns freundlich. Er weiß gleich, wer wir sind (die beiden von KCC) und zeigt uns den Platz vor der Lodge, wo wir campieren können. Das ist normalerweise ein Überlauf-Camp, wenn die anderen Camps voll sind, aber da die Pontoon Campsite renoviert wird, können wir hier stehen. Außerdem gibt er uns einen Sonderpreis. Sehr freundlich!
Am Nachmittag wollen wir zum höchsten Baum Sambias fahren, der sich im Nordwesten des Parks befindet. Die Hauptstraße durch den Park ist ganz gut in Schuss. Nur scheint ein Elefant kürzlich schlechte Laune gehabt zu haben. Er hat entlang der Straße mehrere Bäume umgeknickt, sodass Wolfgang aussteigen und sie zur Seite räumen muss. Erschwerend kommt dazu, dass das Gebiet stark von Tsetse Fliegen verseucht ist. Es sitzen hunderte auf der Motorhaube. Und wenn man aussteigt, wird man gleich von ihnen überfallen. Wolfgang trägt einige Stiche davon.
Ab der Abzweigung, die zum Baum führen soll, ist der Weg komplett verwildert. Äste streifen am Auto. Das gibt bestimmt Kratzer im Lack. Das Gras ist sehr hoch, teilweise sieht man die Fahrspur kaum noch. Nach dem x-ten Baum, den wir beseitigen müssen, geben wir auf. Wenn wir so langsam vorankommen, können wir beim Baum übernachten. Dabei wollen wir am Abend nochmals zum Pontoon Hide. Also kehren wir wieder um.
Als wir wieder beim Pontoon Campsite ankommen, ist es bereits 16 Uhr. An diesem Abend sehen wir ein paar Sitatunga, die am Rand des Schilfgürtels im Schatten liegen. Kurz vor Sonnenuntergang ziehen sie dann langsam zum Äsen aus. Insgesamt sehen wir 3 weibliche Stück, davon vermutlich 1 Kitz. Wir warten bis nach Sonnenuntergang, aber es taucht kein Bock mehr auf.
Wir fahren zur Lodge zurück und setzen uns mit einem Bier auf die Terrasse. Auch wenn es bereits dunkel ist, genießen wir den Ausblick über den tiefschwarzen See.
Am nächsten Morgen läutet der Wecker wieder zeitig. Heute wollen wir wirklich früh zum Pontoon Hide kommen. Da wir die Strecke bereits kennen, sind wir nach 20 Minuten dort. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen und diesmal haben wir Glück. Wir zählen 13 Sitatunga. Sie äsen im Gras bzw Sumpf und bewegen sich sehr langsam. Wir vermeiden jedes Geräusch, damit sie nur ja nicht abspringen. Die meisten Tiere sind anfangs von Schilfgras und Palmenblättern verdeckt. Erst nach und nach kommen einzelne Tiere soweit hervor, dass wir sie vollständig sehen. Sitatunga sind grundsätzlich nachtaktiv und kommen nur dort, wo sie nicht bejagd werden, auch tagsüber aus ihrer Deckung.
Gegen 8:30 Uhr ziehen sie wieder in den Schilfgürtel ein. Wir gehen zum Auto zurück und machen uns Frühstück. Wolfgang hat Gliederschmerzen und die Tsetse-Stiche tun ihm weh. Wir machen eine Kanne Tee und hoffen, dass sich das bald wieder bessert.
Dann fahren wir mit dem Auto über ein paar Nebenwege durch grandiose Landschaft zurück zur Lodge. Bei der Lodge zieht eine Horde Vervet Monkeys durch. Sie sind sehr neugierig und ein paar mutige Affen sehen sich unser Auto genauer an (von außen). Den Nachmittag verbringen wir am Feuerplatz der Lodge. Dort stehen gemütliche Sessel mit herrlichem Blick auf den See. Zum Glück ist der Himmel bewölkt und es ist windig. Das vertreibt die Tsetse. Im See tummeln sich ein paar Hippos.
Am Abend bekommt Wolfgang leichtes Fieber und hat Gliederschmerzen. Er macht deshalb einen Malariatest. Gott sei Dank kommt nur ein Stricherl, also keine Malaria. Am nächsten Morgen schlafen wir aus. Wolfgang geht es etwas besser, obwohl die Stiche immer noch stark geschwollen und heiß sind. Insgesamt hat er sich 40 Stiche von den Tsetse eingefangen. Wahrscheinlich ist das auch der Grund für das Fieber am Vorabend. Um 8 Uhr verlassen wir die Lodge, denn wenn wir den Nationalpark vor 9 Uhr verlassen, wird für den angefangenen Tag keine Eintrittsgebühr fällig.