Der weite Weg nach Norden zu den Pedras Negras ist mühsam, wenn auch landschaftlich einmalig schön. Als wir eines Morgens wieder einmal den Ölstand, die Bremsflüssigkeit und alles andere im Motorraum checken, entdeckt Wolfgang eine Maus, die bereits begonnen hat, sich ein Nest einzurichten.
Wir starten den Motor und hoffen, sie damit zu vertreiben. Von anderen Overlandern haben wir schon gelesen, dass sie eine Maus IM Auto hatten. Sie wieder loszuwerden, soll gar nicht so einfach sein. Wir werden jedenfalls weiter beobachten, ob die Maus tatsächlich aus dem Auto verschwunden ist.
In Benguela kaufen wir im Shoprite ein paar Lebensmittel ein. Da werden wir am Parkplatz von einem Mann angesprochen, der uns Diamanten zum Kauf anbietet. Schon irgendwie schräg. Ab der Abzweigung ins Landesinnere steigt die Straße deutlich an. Wir fahren durch eine pitoreske Felsenlandschaft, gespickt mit Mango- und Baobab-Bäumen. Die Straßenverhältnisse sind sehr wechselhaft. Von abschnittsweise ganz gut, über Schlaglochpisten, bei denen man die Löcher noch relativ einfach im Slalom umfahren kann, bis hin zu Passagen, die man im ersten Gang durchackern muss.
Um zum nächsten Übernachtungsplatz zu gelangen, den wir uns über iOverlander gesucht haben, müssen wir in einem kleinen Ort abzweigen. Die Piste ist überschwemmt und knietief voll mit Wasser und Schlamm. Doch außer uns dürfte das hier niemanden stören. Ein Polizeiauto kommt uns entgegengeholpert und die Polizisten hinten auf der Ladefläche haben ihren Spaß. Danach wird die Strecke zwar wieder trocken, aber sie bleibt ruppig. Wir werden ordentlich durchgeschüttelt. Für diese 8 km lange Strecke benötigen wir eine gute halbe Stunde.
Nächsten Morgen checken wir, ob die Maus noch unter der Motorhaube sitzt. Aber wir sehen sie nicht. (Fortsetzung folgt in einem späteren Bericht ;-) ).
Als wir in einem der nächsten Orte endlich einen Bankomaten mit Geld ausfindig machen und sich Wolfgang brav in der langen Schlange anstellt, werde ich plötzlich von sechs maskierten Männern in schwarzen Kampfanzügen mit Maschinengewehren umzingelt. Nein, es ist kein Überfall, die Bank bekommt nur gerade eine Bargeldlieferung und unser Auto steht im Weg. Ich fahre zur Seite und alles ist in Ordnung. Tja, das läuft hier alles etwas anders ab als bei uns daheim.
Der weitere Weg zu den Pedras Negras ist überraschend gut asphaltiert und wir freuen uns über jeden guten Kilometer. In Capanda endet die gute Straße abrupt und wir sehen auch warum. Hier zweigt eine Straße zu einem großen Wasserkraftwerk, das von den Chinesen gebaut wurde, ab. Deshalb war die Straße (nur) bis hier her in einem guten Zustand.
Die nächsten 15 km bis zur Abzweigung zu den Pedras Negras sind sehr schlecht. Vom Asphalt ist nicht mehr viel übrig, die Schlaglöcher sind tief. Einmal macht es einen kräftigen Rumms, als unser Defender hinten mit der Anhängerkupplung aufsitzt. Für die paar Kilometer brauchen wir ewig und wir sind froh, als wir endlich zur Abzweigung kommen.
Ab hier ist es nicht mehr weit, wir sehen die Felsen schon seit einer Weile im Dunst und kommen ihnen nun näher. Die Straße führt direkt durch die riesigen Felsformationen. Es ist wunderschön. Mitten in den Felsewänden liegt ein kleines, offenbar verlassenes Dorf. Verlassen, bis auf zwei Dorfpolizisten, deren „Einsatzwagen“ ein Tuktuk mit Blaulicht ist. Wir müssen halten, denn der weitere Weg ist abgesperrt.
Ein Polizist torkelt völlig betrunken auf uns zu und wir geben ihm zu verstehen, dass wir zum Aussichtspunkt wollen. Er gibt uns den Weg frei. Ein abenteuerlicher und teilweise heftig ausgewaschener Feldweg führt weiter zu einem kleinen Parkplatz.
Dort suchen wir im 3 m hohen Gras den Weg zum Aussichtspunkt. Nach ein paar Stufen kommen wir zu einem verfallenen Haus mit einigen betonierten Tischen und Bänken davor. War das mal das Visitor Center? Wurde das im Krieg zerstört und seither von der Natur zurück erorbert? Warum wurde es überhaupt gebaut? Waren vor dem Krieg Anfang der 70er Jahre soviele Touristen hier, dass man ein Visitor Center brauchte? Alles Fragen, die wir nicht beantworten können.
Der weitere Wanderweg ist zugewuchert, nur ein Trampelpfad führt weiter, bis man wieder zu ein paar Stufen kommt, die auf einen der Felsen führen. Oben gab es auch mal einen überdachten Aussichtspunkt, aber der sieht genau so aus, wie das vermeintliche Visitor Center. Wir machen ein paar Fotos und fahren dann wieder hinunter ins Dorf.
Dort kommen dann beide Polizisten auf uns zu. Der Nüchterne der beiden meint, wir müssten 5000 AOA Eintritt bezahlen (wir wissen, dass hier kein Eintritt zu zahlen ist). Wir schütteln den Kopf und reden ein wenig auf Deutsch mit ihm. Die beiden können nicht Englisch, wir nicht Portugiesisch, aber natürlich wissen wir genau was sie wollen. Der Preis sinkt auf 2000 AOA, aber ich deute ihm, dass wir eine Quittung haben wollen und sage „official“. Das verstehen sie und geben uns den Weg frei. Es ist schon ärgerlich, dass hier in Angola wirklich jeder bettelt. Vom Zöllner an der Grenze angefangen, über die Kinder am Markt, bis zu den Polizisten.
Andererseits ist es auch kaum zu glauben, dass wir die Hauptsehenswürdigkeiten des Landes ganz ohne Eintrittsgebühren und Übernachtungsgebühren besuchen können. Sie stehen einfach in der Landschaft, komplett ohne Infrastruktur. So muss es vor vielen Jahren auch in Kenia, Sambia, und all den anderen Ländern gewesen sein.
Am Retourweg sehen wir auf einem weiteren Aussichtspunkt einen großen Overlander-Lastwagen, der hier sein Lager aufgeschlagen hat. Wir sind also nicht die einzigen, die hier herumfahren.
Wir haben aber schon einen anderen Übernachtungsplatz ausgesucht. Der Stellplatz liegt idyllisch neben einem kleinen Baobab mit Blick auf die Pedras Negras. Das Licht ist jetzt am Abend perfekt und wir genießen eine Flasche Savanna Apple Cider als Sundowner, bevor wir zu kochen beginnen. Ein Einheimischer geht vorbei, grüßt und verschwindet im hohen Gras.
Nächsten Tag kümmern wir uns etwas um unseren „Haushalt“ und genießen den Ausblick auf die Pedras Negras. Am späten Nachmittag kommt wieder ein Einheimischer, grüßt sehr freundlich und geht seines Wegs.
Gerade als wir beginnen wollen unsere Pfannenpizzen zuzubereiten, hören wir es in der Ferne knistern. Offenbar hat der Mann, der vorbei gekommen ist, in einiger Entfernung ein Buschfeuer gelegt, um das meterhohe Gras niederzubrennen.
Der Wind weht von uns weg, daher besteht keine unmittelbare Gefahr. Aber solche Buschbrände sind unkontrollierbar und wir stehen auf trockenem Gras. Wir beobachten das Feuer gespannt. Da es sich nicht so rasch ausbreitet, beginnen wir zu kochen. Als die Sauce fertig ist, hat sich das Feuer eher von uns wegbewegt. Also machen wir auch die Pizzen noch fertig und lassen sie uns schmecken.
Inzwischen ist das Feuer jedoch bis an ein Feld herangekommen, das in unserer Richtung liegt. Es wird Zeit, zusammenzupacken. Wir werden auf den anderen Stellplatz übersiedeln, wo wir am Vortag den Lkw gesehen haben. Als wir in den neuen Stellplatz einbiegen, sehen wir nicht nur den Lkw, sondern noch drei weitere Fahrzeuge. Das ist ja ein richtiger Overlander-Auflauf.
Es sind Marijke und Erik aus den Niederlanden, Clara und Baltasar aus Spanien mit ihrem Hund Jamón, Werner und Michelle aus der Schweiz, und der Lkw gehört Sabine und Michael aus Deutschland.
Am Abend sitzen wir alle gemütlich beisammen und erzählen uns gegenseitig Geschichten von unseren Abenteuern.