Unser erster Stopp in Uganda sind die Sipi Falls.
Wir campen in der Crows Nest Lodge, einer von der Community betriebenen Unterkunft, von der man eine schöne Sicht auf zwei der drei Sipi Wasserfälle hat.
Ivan, ein Mitarbeiter der Unterkunft, schlägt uns verschiedene Ausflugsmöglichkeiten vor und wir entscheiden uns für eine Wanderung zum größten Wasserfall. Es geht steil bergab, teilweise ist es rutschig und wir sind froh um die Wanderstöcke die wir bekommen haben. Wir wandern durch verschiedene Plantagen. Ivan zeigt uns die verschiedenen Bananenstauden. Matoke (Kochbananen) haben einen schwarzen Stamm, sweet bananas einen grünen und bei wilden Bananen ist der Blattstrunk rosa. Wir sehen Manjok (Kassawa) und Kaffee und wir erfahren, dass man mit Kaffee sehr gut verdienen kann. Ein großer Abnehmer für ugandischen Kaffee ist Starbucks. Ivan ist nicht überzeugt von Fair Trade Kaffee. Seiner Meinung nach sollte man „single origin“ Kaffee kaufen.
Hinter den Plantagen kommt der Wasserfall zum Vorschein. Es ist ein schöner Anblick, auch wenn jetzt in der Trockenzeit nicht allzu viel Wasser rinnt. Nach einer kurzen Pause geht’s weiter. Wir überqueren den Sipi Fluss, der in der Trockenzeit eher ein Bach ist, und wandern bergauf über steile Hänge, an einer Fledermaushöhle vorbei bis wir oberhalb des Wasserfalls stehen. Dann geht es durch das Dorf zurück. Vom Garten einer Lodge haben wir nochmal einen schönen Blick auf den Wasserfall.
Danach kehren wir zum Camp zurück. Dort packen wir alles zusammen und duschen, bevor wir weiter fahren. Am Weg zur Hauptstraße kommen wir in einem Dorf durch. Hier ist offenbar heute großer Matoke-Markttag. Hunderte Büschel liegen aufgeschichtet am Straßenrand und werden mit Fahrrädern, am Kopf der Frauen oder per LKW hergebracht und aufgeladen. Es ist ein bunter Durcheinander, der uns sehr gefällt.
Für uns geht’s weiter nach Arapei, einem winzigen Ort, wo es laut Google Maps eine Campingmöglichkeit geben soll. Über eine holprige, staubige Piste gelangen wir auf den Hof einer Familie und werden gleich freundlich begrüßt. Eine Frau ist recht redselig und lädt uns ein, uns zu setzen. Ihr Mann sei auf dem Weg. Nach einer Weile beginnen wir, das Zelt aufzustellen und unsere Ess-Sachen auszupacken. Nach kurzer Zeit kommt der Mann, der hier den Campingplatz betreiben will. Die Idee dazu hatten europäische Radfahrer, die vor einem Monat hier vorbei gekommen sind. Jetzt schaut er, ob das was wird. Seine Familie bietet eine Art Homestay an, mit Abendessen und Frühstück inklusive. Also packen wir unsere Nahrungsmittel wieder weg.
Wir sitzen den ganzen Nachmittag beisammen, reden über dies und das. Die Frauen kochen einstweilen das Abendessen und die Kinder sind schüchtern, aber interessiert.
Zum Tee bekommen wir eine kleine Mahlzeit bestehend aus Tomaten, Zwiebel und Eierspeise.
Ein Sohn, vielleicht 10 Jahre, hat auf ein Fahrrad 4 Kanister geschnallt und holt Wasser. Er fährt an diesem Tag dreimal. Seine kleine Schwester muss ihn begleiten und das Rad halten, bis die Kanister gefüllten montiert sind. Unglaublich, wie so ein kleines Kind mit 80 Litern hantiert. Aber hier ist das normal.
Der Mann zeigt uns die Waschräume, die in einem Ziegelbau ohne Dach untergebracht sind. In den ersten beiden Nischen sind Löcher, das ist das Plumpsklo, in der dritten Nische ist ein glatter Betonboden mit einem kleinen Abfluss, das ist der Waschraum. Zum Duschen bekommen wir einen Kübel Wasser, ein kleines Gefäß, um das Wasser zu schöpfen und ein Stück Seife. Es ist einfach und kalt, aber ausreichend. Und man braucht auf diese Weise nur ganz wenig Wasser.
Am Nachmittag wird ein Huhn geschlachtet. Das macht der Opa, der mit dem Huhn und einem scharfem Messer hinter dem Küchenhaus verschwindet.
Das Küchenhaus ist ganz traditionell, rund, aus Lehm, mit Strohdach. Ich schau mir das genauer an, bleib aber nicht lange drinnen, denn es ist total verraucht. An zwei offenen Feuerstellen kochen die Frauen das Abendessen. Kein Ofen, kein Abzug, der ganze Rauch setzt sich im Raum ab und zieht langsam durch die Decke und die Tür ab. Den Frauen rinnen die Tränen übers Gesicht vom beißenden Rauch. Wir wundern uns, warum man nicht zumindest einen Abzug baut.
Neben der Küchenhütte stehen auf dem Hof noch weitere Gebäude. Eines ist aus Ziegeln gebaut, aber nur von den Großeltern bewohnt. Alle anderen sind Rundhütten aus Lehm, für die Kinder, die Schwester und die Eltern und eine Kochhütte. In der Nachbarschaft wohnen weitere Verwandte. Am Nachmittag schauen ein paar Nachbarn vorbei. Alle sind ganz fein herausgeputzt. Wir plaudern ein bisschen, lernen ein paar Brocken Adesso (ihre Sprache). Es ist sehr kurzweilig. Ich spiele ein bisschen mit den Kindern, aber sie sind schüchtern und es dauert etwas, bis sie auftauen.
Als es bereits dunkel ist, gibt es Abendessen. Es wird groß aufgetischt. Leider isst nur der Mann mit uns. Wir hätten gerne mit der ganzen Familie gegessen. Jedenfalls gibt es Manjok-Sorghum-Brot, Reis, Posho (Maisbrei), Hühnchen, Bohnen und Krautsalat. So reichhaltig und gut. Wir sind total satt.
Wir erfahren, dass die Familie katholisch ist und der Opa gemeinsam mit einem Nachbarn ein Grundstück gestiftet hat, damit eine Kirche gebaut werden kann. Bis dahin findet der Gottesdienst unter einem Mangobaum statt. Da nächsten Tag Sonntag ist, fragen wir, ob wir zum Gottesdienst mitgehen dürfen. Natürlich!
Am nächsten Tag ist zeitig Tagwache und wir ziehen unser bestes Gewand an (lange Hose, Hemd, Jeansrock). Die Gastgeber sind auch schon auf den Beinen. Schnell wird noch ein Tisch auf das Fahrrad gepackt, das wird der Altar. Wir nehmen unsere Campingsessel mit, damit wir bequem sitzen können. Dann marschieren wir los. Unter einem Mangobaum sind bereits ein paar Bänke und ein Rednerpult mit einem Holzkreuz aufgestellt. Der mitgebrachte Tisch kommt dazu. Eine Frau bringt ein Altartuch und ein Kreuz. Dann kommt eine Buchstütze drauf, fertig ist der Altar. Aus allen Richtungen werden zusätzliche Bänke geholt und eine Holzmatte wird ausgerollt. Heute ist großer Andrang, denn es kommt ein Priester. Ansonsten ist oft nur der Administrator/Diakon vor Ort. Dieser beginnt mit einem Rosenkranz. Als der Priester eintrifft, beginnt der Gottesdienst. Es sind über 50 Messbesucher da. Nicht schlecht für eine Kirche unter einem Baum im Nirgendwo.
Der Gottesdienst findet vorwiegend in Adesso statt, teilweise wird zusätzlich auf Englisch vorgetragen. Wir haben den Eindruck, dass sie das nur für uns machen. Es wird ausgiebig gesungen. Der Gottesdienst dauert mehr als 1,5 Stunden.
Dann beginnt ein Teil, den wir von zuhause nicht kennen. Wir werden gebeten, hinauszukommen und den Priester zu begrüßen und zur Gemeinde zu sprechen. Dann treten weitere Besucher nach vorne. Es sind dies der Kassier der Kirchengemeinde, Vorsitzende von anderen Gemeinden, usw. Alle haben was zu berichten oder anzukündigen. Es geht vor allem um den Bau der Kirche, der finanziert und organisiert werden will. Dann werden noch ein paar Lebensmittel versteigert. Wir werden in ihren Ansprachen erwähnt und sie bitten uns, dass wir daheim von ihnen erzählen und sie nicht vergessen. Und dass wir wieder kommen sollen. Die ganze Versammlung dauert bis 10 Uhr. Es ist ergreifend und berührend, wie gläubig die Leute hier sind. Sie haben fast nichts, aber sie wollen etwas aufbauen. Eine Kirche, eine Schule. Damit die Gemeinde sich entwickelt und wächst.
Nach dem Gottesdienst gehen wir wieder zurück zum Hof. Dort werden Sessel und Tische herbeigeschafft, denn alle, die in der Kirche was zu sagen haben, kommen hierher. Der Priester, der Diakon und einige Nachbarn. Dann gibt es Frühstück. Tee (mit Milch), Eierspeis, Manjok, Tomaten, Zwiebel, und für die Ehrengäste (uns und den Priester) gibt es ein Stück Huhn. Erst wenn man ein Huhn gegessen hat, war man bei jemandem richtig zu Gast.
Wir plaudern über Politik, Schulbildung, usw. Es ist ein interessantes Gespräch. Auch wenn die Leute hier recht einfach leben, wissen sie genau, was in der Welt geschieht.
Nach dem Frühstück verabschiedet sich der Priester, und gegen Mittag brechen auch wir auf. Es war ein sehr nettes und wahrscheinlich einzigartiges Erlebnis.