Auf dem Weg nach Pamukkale finden wir den Sommer! Es ist das erste Mal auf dieser Reise richtig heiß und wir freuen uns, unsere Schuhe gegen Flipflops zu tauschen.
Außerdem ist hier bereits die Erdbeerernte im Gange. Überall wird gepflückt, transportiert und verkauft. Auch wir lassen uns die großen roten Früchte nicht entgehen. Bei einem Straßenstand kaufen wir gleich ein Kilo davon (1 EUR).
Wir wissen nicht genau, wo wir heute übernachten sollen und fahren erst mal zum oberen Eingang der weißen Terrassen. Hier geht es ordentlich zu. Unzählige Busse warten hier auf ihre Gäste. Natürlich wäre es hier am feinsten zum Übernachten, aber innerhalb des Gates geht es nicht. Außerhalb liegt ein Tipp von iOverlander, und der Bruder der Besitzerin hätte uns gleich einen Platz angeboten, aber die Oma wehrt ab, das muss die Tochter entscheiden, die erst in zwei Stunden wieder zurück ist. Also fahren wir mal in den Ort hinunter. Dort gibt es ein Restaurant, das auch Camping anbietet. Der Besitzer winkt uns schon von der Ferne zu. Es gibt einen Pool, Blick auf die weißen Terrassen und es kostet nicht mehr als das grindige Camp von gestern. Wir sind begeistert und bleiben stehen.
Als erstes springen wir in den Swimming Pool. Das Wasser ist kühl, aber herrlich, wenn man mal drinnen ist. Da es heute schon knapp 30 °C hatte, ist so eine Erfrischung angenehm. Über uns hören wir immer wieder Freudenschreie. Sie kommen von den Paragleitern, die über die weißen Felsen herabgleiten. Sie landen ganz in der Nähe unseres Standplatzes.
Noch bei Tageslicht (es wird erst um 19:30 dunkel) kochen wir uns Gemüseeintopf, den wir mit Brot verspeisen. Es schmeckt uns sehr gut.
Nach dem Essen verabschieden sich die Angestellten langsam und der Nachtwächter stellt sich uns vor. Wir laden ihn auf Erdbeeren ein und er bringt uns eine Nachspeise aus der Küche. Dann unterhalten wir uns mit ein paar Brocken Englisch, bevor er sich zu seinem Nachtmahl begibt. Und wir genießen dann unsere Erdbeeren mit Sekt. Man gönnt sich ja sonst nichts!
Als es noch dunkel ist, werden wir vom Ruf des Muezzins wach. Da Pamukkele von Bergen umgeben ist, gibt es ein wundervolles Echo, das der Muezzin auszunützen weiß. Es klingt so, als ob drei oder vier Moscheen zum Gebet rufen würden. Das nächste Mal, als wir wach werden, ist es bereits hell. Wir hören draußen ein lautes Fauchen. Schnell machen wir das Zeltfenster auf und sehen nach draußen. Wir haben uns nicht getäuscht, über uns schweben Heißluft-Ballone auf die weißen Felsen zu. Zuerst sehen wir zwei, dann sechs, sieben, acht Ballone. Je nach Wind und Höhe fahren sie von unterschiedlichen Richtungen auf die Felsen zu. Wir beobachten sie eine Weile und schlafen dann nochmal kurz ein.
Heute ist der Himmel bedeckt. Wir wollen erst am Nachmittag zu den weißen Felsen gehen, daher haben wir viel Zeit, um das Frühstück zu genießen und es fast nahtlos in einen Brunch übergehen zu lassen. Gegen 12:30 Uhr machen wir uns auf den Weg zu den Felsen. Von unserem Camp ist es nur ein Steinwurf zum unteren Eingang. Seit den frühen Morgenstunden bringen die Busse Gäste von der Küste hierher. Die meisten werden zum oberen Eingang gebracht, wo sich die Besuchermassen tummeln. Beim unteren Eingang, der direkt im Ort liegt, ist dagegen kaum etwas los.
Nach dem Eingang muss man die Schuhe ausziehen. Zum Schutz der Kalksinterterrassen darf man sie nur barfuß oder in Socken betreten. Die Felsen sehen aus, als wären sie von Schlagobers überzogen. Sieht man genauer hin, sieht man kleine Wellen aus Kalkstein, die durch das Wasser entstehen. Überraschenderweise fühlen sich die Felsen dennoch weich an und sind nicht rutschig. Nur ganz oben, wo täglich tausende Besucher herumlaufen und die weiße Schicht fast vollständig abgerieben ist, tun die Rillen auf den Fußsohlen weh.
Durch intensive Bewässerung in der umliegenden Landwirtschaft (Baumwolle, Granatäpfel) fließt mittlerweile zu wenig Wasser über die Sinterterrassen. Man versucht das zu kompensieren, indem das Wasser in künstlichen Kanälen abwechselnd über verschiedene Bereiche des Berghangs geleitet wird. Es sind daher nur wenige Becken mit Wasser gefüllt. Wenn sich darin das Blau des Himmels spiegelt, glaubt man, einen riesigen Edelstein zu sehen. Es handelt sich um Thermalwasser, das mit ungefähr 35 °C an die Oberfläche gelangt. Auf dem Weg über die Felsen kühlt es langsam ab und gibt durch den Druckabfall den Kalk (Calciumcarbonat) frei, aus dem sich die Terrassen bilden.
Doch die meisten Besucher haben dafür kaum einen Blick übrig. Nach einer kurzen Einweisung durch die Reiseleiter gilt ihr Interesse nur dem schönsten Selfie. Aus unseren früheren Reisen wissen wir, dass die Asiaten in dieser Disziplin die Weltmeister sind. Ein guter Selfie beginnt anscheinend schon am Morgen bei der Kleiderwahl. In Pamukkale stehen leichte, einfärbige Sommerkleider hoch im Trend, gefolgt von knappen Bikinis mit dunkler Jacke und dazu eine Sonnenbrille; besonders exzentrische Damen tragen dazu einen Hut, der etwas schräg auf dem Kopf sitzt. Dann geht es ans Posing. Auf Zehenspitzen stehend, lasziv am Boden liegend, auf einem Bein und die Arme über dem Kopf gefaltet – nichts ist unmöglich. Ein Trend, den wir heuer erstmalig beobachten konnten, ist das Gruppen-Fotoshooting. In einer Gruppe von drei bis fünf Mädchen ist ein Mädchen das Model. Man erkennt es bereits an der Kleidung, die sich von der der anderen unterscheidet („duftiges Kleidchen“). Ein Mädchen fotografiert mit dem Mobiltelefon und die anderen geben Regieanweisungen und reichen die Accessoires (Sonnenbrille, Hut, Jacke, Tasche, usw). Pamukkale verkommt dabei zu einem Bildhintergrund.
Natürlich machen wir auch Bilder von uns. Wir nehmen uns aber auch viel Zeit, um die Sinterterrassen als solche zu betrachten, das fließende Wasser und die kleinen Wellen aus Stein. Und wir beobachten die anderen Besucher, denn das kann auch sehr lustig sein. Nicht nur dann, wenn sie sich fotografieren, sondern auch, wenn sie barfuß auf den (im oberen Bereich) scharfkantigen Felsen herumwackeln.
Am späten Nachmittag wandern wir langsam wieder nach unten. Ungefähr ab der Hälfte nimmt die Zahl der Besucher deutlich ab und die Stille tut gut.
Auf dem Campingplatz kochen wir uns Bifteki mit Tomatenreis. Danach essen wir unsere restlichen Erdbeeren, diesmal mit Zucker. Mhhh!